Full text: Lehrbuch des Bürgerlichen Rechts. Erster Band. (1)

1. A, Nebeneinanderbestehen in nämlichen örtlichen Gebiet. $%. 35 
bonorum possessio später, als man gegen die hkerediiatis petitio 
eine exceptio gab, zu einer ganz neuen Einrichtung aus- 
wuchs, ist allbekannt, bedarf auch hier keiner weiteren Aus- 
führung; denn mit diesem Augenblick tritt die bonorum possessio 
außerhalb unseres Betrachtungskreises. 
An ihrer Stelle hat man im gemeinen Recht die richter- 
liche Einweisung gegeben (Einsatz), ebenfalls in dem richtigen 
Gefühl, daß in irgend einer Art einstweilen geholfen werden 
müsse, bis die oft schwierige Erbrechtsfrage ausgetragen ist. 
Das spätere Recht bildete hieraus den Erbschein, der 
sich auch im Bürgerlichen Gesetzbuch findet: der Inhaber 
des Erbscheins ist aushülisberechtigt: er wird im bürgerlichen 
Recht, wenn er veräußert, Prozesse führt, Forderungen ein- 
zieht, wie ein wirklich Berechtigter angesehen, und seine 
Rechtshandlungen haben Erfolg. Allerdings im Verhältnis 
zum Erben hat er zu gewärtigen, daß ihm die Erbschaft ab- 
verlangt wird; allein dieses stört die Rechtswirksamkeit 
seiner Verfügungen nicht: es ist nicht der einzige Fall, daß 
der Eigentümer sich die Verfügungen eines Dritten gefallen 
lassen muß. Allerdings ist auch die Einrichtung des Erb- 
scheins auf eine wesentliche Voraussetzung gebaut: es wird 
vorausgesetzt, daß der Dritte, der auf solche Weise geschützt 
werden soll, in gutem Glauben war, d. h. das Nichtrecht des 
Erbscheins-Inhabers nicht kannte. Hierfür gilt dasoben bemerkte. 
VIi. Auch andere Fälle des Aushülfsrechts sind hervorzu- 
heben; insbesondere gilt ein solches im Fall eines nasciturus, 
also eines noch ungeborenen Kindes: wird das Kind künftig 
als lebend geboren, so werden gewisse Rechte so angesehen, als 
wären sie bereits mit dem Momente der Zeugung gegeben; 
tritt aber eine Totgeburt ein, so sind die Rechte in Ermang- 
lung eines Trägers unwirksam, und das Kind gilt als ein 
solches, das nicht vorhanden war. In der Zwischenzeit aber 
verlangen die Verhältnisse eine Ordnung. Schon das römische 
Recht gibt hier einen curator ventris, ebenso das Bürger- 
liche Gesetzbuch in $ 1912 einen Pfleger der Leibesfrucht. 
Dieses Zwischenverhältnis kann aber nur so aufgefaßt. 
werden, daß unterdessen ein Aushülfsrecht einer gedachten 
(juristischen) Persönlichkeit besteht, und für dieses Aushülfs- 
recht ist der Pfleger als Organ der jurist. Persönlichkeit: tätig. 
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