49 1. Buch. II. Abselın. Mehrheit von Rechtsordnungen.
Das wären Zustände, deren Unterstützung durch unsere
Gerichte wir als eine Feindseligkeit gegen unsere Kultur-
ordnung erkennen müßten. Es handelt sich hier nicht um
technische Unterschiede in der Behandlung des Rechtes, sondern
um grundsätzliche Verschiedenheiten der Kulturanschauungen.?)
Bezüglich der Ehescheidung vgl. A. 17 Abs. 4.
8 12.
I. Noch nach drei Richtungen hin wird das zwischen-
staatliche Prinzip, welches jedes Rechtsinstitut seinem Gesetze
zuweist, durchbrochen.
Die erste Durchbrechung ist eine unberechtigte; es ist
die Durchbrechung Kraft des Rechts der Zurückverweisung;
die zweite und dritte Durchbrechung ist gerechtfertigt: es ist
die Durchbrechung kraft der Sonderbehandlung einer Vermögens-
masse und kraft des Satzes: locus regit actum.
1. Mit der Zurückverweisung verhält es sich wie folgt:
Nicht selten kommt es vor, daß zwei Staaten in bezug
auf die zwischenstaatlichen Grundsätze auseinandergehen; das
ergibt sich schon aus dem obigen. So dringt zwar, wie wir
noch sehen werden, immer mehr der Satz durch, daß für die
personenrechtlichen Verhältnisse die Staatsangehörigkeit, nicht
der Wohnsitz maßgebend ist. So weit aber noch eine Ver-
schiedenheit obwaltet und ein Staat auf dem altertümlichen
Standpunkt der Herrschaft des \ohnsitzrechtes steht, kann
folgendes vorkommen: Unser Staat erklärt, daß der Ausländer,
der in unserem Gebiete ansässig war und hier gestorben
ist, nach seineın Heimatrechte zu beerben sei; dieses Heimat-
recht aber bestimmt, daß der Wohnsitz für die Beerbung
entscheide. Nun hat man behauptet, daß kraft solcher Be-
stimmung das Heimatrecht wieder auf unser Recht verweise
(da der vom Heimatsrecht für maßgebend erklärte Wohnsitz
im Inlande liegt), sodaß der Ausländer nun doch nach unserem
Recht zu beerben sei.
1) Mit Recht hat das O.L.G. Fraukiurt am 7. August 1901 es als
eine unserer Sittenordnung widersprechende Norm angesehen, wenn nach
ausländischem Recht der Ehebruch den andern Teil nicht zur Versagung
der Ehegemeinschaft berechtigt (Scherer, drittes Jahr S. 5).