46 I. Buch. Il. Abschn. Mehrheit von Rechtsordnungen.
die Formen des Geschäftes nicht gewahrt werden könnten,
sofern das Ausland nicht die nötigen staatlichen Einrichtungen
besitzt, um die Form zu beobachten, die ein Geschäft nach dem
Heimatrechte verlangte. Natürlich aber muß in einem solchen
Fall die Form des Geschäftsortes vollständig erfüllt sein. Erfüllt
ist sie, wenn nach dem dortigen Gesetz ein Geschäft mit dieser
Form vollgültig ist, sollten auch beispielsweise bei Beobachtung
solcher Form (nach dem dortigen Rechte) gewisse Beweis-
schwierigkeiten eintreten. Wenn z. B. nach französischem
Rechte bei mündlichen Geschäften der Zeugenbeweis aus-
geschlossen ist, so muß die Form als Form des Geschäfts doch
genügen; denn die Beweisbeschränkung ist eine bloß prozessuale
Bestimmung, welche die Gültigkeit des Geschäfts nicht an-
tastet. Anders wäre es, wenn nach diesem Gesetz ein Ge-
schäft in solcher Form nur eine natürliche Verbindlichkeit
erzeugte; anders auch, wenn ein Geschäft dieser Art nur
vorläufig bestünde und erst durch neue spätere Formgebung
zum endgültigen Bestand käme: dann könnte man nicht sagen,
daß die Form des Ortes erfüllt sei.
Übrigens findet der Satz: locus regit actum seine Be-
schränkung: er gilt nicht für sachenrechtliche Geschäfte,
namentlich nicht für Geschäfte, wodurch ein dingliches Recht
begründet oder übertragen wird, wogegen er allerdings auf
obligationsrechtliche Geschäfte in bezug auf unbewegliche
Sachen ($ 313 B.G.B.) Anwendung findet. Der Grund ist der,
daß die Form dinglicher Geschäfte viel zu sehr mit jenen Ein-
richtungen des Inlandes zusammentrifft, welche das Eigentum
nach außen hin kundbar machen und dadurch die Sicherheit
des Sachverkehrs gewährleisten: dieses Gebot. steht über dem
Gebote der zwischenstaatlichen Bequemlichkeit; so A. 11 B.G.B.
Andererseits hat der Satz absolute Bedeutung für die Ehe-
schließung (in Deutschland!) nach A. 13 Abs. 3, was mit der
öffentlich-rechtlichen Seite der Eheschließung (Zivilehe!) zu-
sammenhängt.
IV. Der Satz: locus regit actum kann auch auf materielle
Rechtserfordernisse erstreckt werden, sofern es sich um Ein-
richtungen handelt, die möglicherweise in einem der Rechts-
gebiete mangels der nötigen Behörden nicht durchzuführen sind.
Die Erstreckung des Satzes nach dieser Seite hin, wo also