91. Des Kronprinzen Maximilian Hochzeit im Oltober 1842. 455
stand denn geraume Zeit vorher schon auf dem Platze und in der Gasse un-
zähliges Volk.
Endlich kommt der Zug. Voraus ein Bannerträger mit der Fahne von
München, dem Mönche im goldenen Felde, und dann die Bergschützen von
Lenggries und Wackersberg, über 100 Mann, mit ihren Spielleuten, welche
die Schwegelpfeife bliesen und die Trommel rührten, prächtige Hochländer mit
buschigen Schnurrbärten und roten Backen in ruhig fester Haltung einher-
schreitend, mit grünen Röcken, den grünbebänderten Hut mit den Spielhahn=
federn und dem Gemsbarte auf dem Haupte, den sichern Stutzen im Arm.
Auf die grünen Schützen der Berge folgten also die 36 Hochzeitszüge.
Die Brautleute erschienen mit ihren Brautführern und Hochzeitladern, den
jugendlichen Kränzeljungfern, mit dem Ehrenvater, der Ehrenmutter und den
Gästen — alle zusammen an 400 Personen. Einzelne Genossenschaften waren
zu Fuß, andere saßen in langen, reichverzierten Wagen, die von vier stolzen,
urkräftigen Rossen gezogen wurden. Da gab es viele wunderliche Trachten
zu beschauen, die zum größten Teil noch jetzt im Ansehen sind, wenn auch
hier und da mit lobenswertem Takte um einige Dezennien zurückgegriffen wurde
um alte, funkelnde Prachtstücke, die jetzt vielleicht außer libung gekommen,
wieder glänzen zu lassen. Es wäre aber zu große Arbeit den farbenreichen
Zug nach all seinen Gewandstücken zu schildern und die 36 Landsmamnschaften
gesondert abzumalen und so wollen wir denn nur einzelne herausheben.
Zuerst kam also der elegante Brautwagen der Landeshauptstadt, von
welchem die hübschen Töchter von München herablächelten, die zierlichen
Gestalten mit dem blitzenden Riegelhäubchen und dem reichverschnürten Mieder,
an dem die hundertjährigen Hecktaler hängen. Mit den Oberbayern erschienen
auch die Reichenhaller, denen die heimatlichen Bergschützen das Geleit gaben,
mit grauen Joppen und spitzen Hüten. Mit den Mädchen von München in
ihrer modernen städtischen Zierlichkeit mochte man die Hochzeiterin von Schroben=
hausen, „der Stadt an der stillen Paar, treu dem Königshause immerdar“,
zusammenhalten, die in alter bäuerlicher Pracht, die Haare gepudert und
abwärts mit roten Bändern in einen dicken Zopf geflochten, eine schwere,
weitausgreifende Krone auf dem Haupte trug. Nach dem Brautpaare aus
dem Gebirge von Rosenheim fuhren die rotjackigen Jungen von Straubing,
die mächtig auf ihren Trompeten bliesen, stolz auf ihre Hochzeiterin, die auch
in roter Jacke prangte. Hierauf in offener Kalesche die Passauer, die schönen
Mädchen von Passau mit den goldenen Hörnern auf den Köpschen, sämtlich
jenes berühmten Schlages, der am Innstrom erblüht von seinen Quellen in
Engadin durch Tirol und durch das bayerische Hügelland hinunter bis zu
seinem Einfluß in die Donau. Dann die Rottaler Bauernjungfern mit kufen-
förmigen Kronen von Flittergold und nach diesen die ferne Pfalz in städtisch
züchtiger Einfachheit — den Reichtum ihrer Herzen beweist das Geschenk der
Burg Hambach, das die Pfalz am Rhein in diesen Tagen dem Königssohn