132. Auf Vorposten vor Paris. 615
samkeit des einzelnen gegen jene, die in der Seele von Paris lebt! Es war
ja gewohnt die leuchtende Hauptstadt der Welt zu sein. Hunderte von Wegen
führten zu ihren Toren und Millionen von Menschen lagen an ihrem Herzen,
jede Stunde gab neuen Wechsel, an jedem Orte wohnten ihre Neider, es war
eine Königin von Saba. — Und nun? Nun kommt nicht einer mehr in die
verfemten Mauern, nicht einer entrinnt aus dem Innern; Paris ist abge-
schnitten von der Welt, — es ist zur Waise geworden und lebendig be-
graben.
Bayerische Batterie im Süden vor Paris.
Fast ist es schwer sich dieser Gedanken zu entschlagen, in denen ja
eigentlich die Vorsehung, man möchte sagen die Gerechtigkeit, dieses Krieges
liegt und doch darf man nicht allzuviel denken, wenn man draußen auf
Posten steht. Jede Minute droht ein Überfall, jeden Augenblick kann die
feindliche Kugel treffen und diese Spannung, in welcher Leib und Seele ge-
halten wird, ist wohl die größte aller Kriegsmühen.
Dazu kommt das Gefühl der ungeheuren Verantwortung; denn die
Sinne eines Sterbenden sind scharf und die Wachsamkeit, welche das hoffnungs-
lose Paris besitzt, übertrifft selbst die Erwartung der deutschen Führer. Man
ist fast zum Tode erschöpft, wenn nach 20 Stunden die Ablösung kommt und
die verhängnisvolle Pflicht auf andere Schultern legt. Mühsam gewinnt man