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Wähler; sie hatten die Verpflichtung, zum Wohle des ganzen
deutschen Volkes ihre Tätigkeit im Reichstage auszuüben,
nicht aber das Juteresse der Partei oder der Wählerschaft zu
vertreten. Gegen ihren Willen konnte ihnen ihr Mandat nicht
entzogen werden. Die Bundesratsbevollmächtigten dagegen
waren, wie gesagt, an Aufträge und Instruktionen ihrer Auf-
traggeber gebunden und konnten von diesen nach Belieben zu-
rückgerufen werden. Dieser Unterschied hatte die Vorschrift
des Art. 9 Satz 2 RV. zur Folge, wonach niemand gleichzeitig
Mitglied des Bundesrates und des Reichstages sein konnte;
denn im anderen Falle wäre ja dem Bundesratsbevollmäch-
tigten die Möglichkeit gegeben worden, als Volksvertreter eine
Ansicht zu äußern, die mit der von ihm im Bundesrat gleich-
falls zu vertretenden Ansicht seiner Regierung im Widerspruche
gestanden hätte. — In dem Maße wie die rechtliche Stellung
der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichstagsabgeord-
neten verschieden geartet war, wie Bundesrat und Reichstag
gegensätzlich zu einander standen, wie sich aber auch einige
Vergleichsmomente ergaben, ist auch die Prüfung der Legi-
timation der Bundesratsbevollmächtigten und der Reichstags-
abgeordneten zu beurteilen und zu erklären.
Erster Teil.
Die LKegitimationsprüfung der Bundesratsbevoll--
mächtigten.
A. Einkeitung.
Der Bundesrat war einerseits höchstes Organ des
Deutschen Reiches und hatte als solcher eine selbständige Per-
sönlichkeit. Er diente andererseits aber auch zur Ausübung der
Mitgliedschaftsrechte der einzelnen Bundesmitglieder. Diese
Mitglieder waren nach herrschender Ansicht die Bundesstaaten