120 8 12. Die Rechte der Einzelstaaten.
daher auch in Bayern ausnahmslos und vollständig kraft ihrer Sank-
tion durch das Reich; sie können daher auch durch bayerische Landes-
gesetze nicht abgeändert werden !).
b) Eine reichsgesetzliche Regelung des Immobiliar-Ver-
sicherungswesens kann in Bayern nur mit Zustimmung der
bayerischen Regierung Geltung erlangen‘).
c) Hinsichtlich der Besteuerung des inländischen [Branntweins
und] Bieres hat Bayern dasselbe Reservatrecht wie Baden und Würt-
temberg?°).
d\) Die dem Reiche in den Artikeln 42—46 der Reichsverfassung
beigelegten Rechte hinsichtlich des Eisenbahnwesens haben für
Bayern keine Geltung; jedoch kann das Reich auch Bayern gegenüber
im Wege der Gesetzgebung einheitliche Normen für die Konstruktion
und Ausrüstung der für die Landesverteidigung wichtigen Eisenbahnen
aufstellen.
e) Hinsichtlich des Post- und Telegraphenwesens hat
Bayern dasselbe Reservatrecht wie Württemberg, abgesehen von dem
Vorbehalt Württembergs wegen der Vorrechte der Post‘).
f) Die Bestimmungen des XI. Abschnitts (Art. 57—64) der Reichs-
verfassung über das Reichskriegswesen kommen in Bayern nur
nach Maßgabe des Bündnisvertrags vom 23. November 1870 unter III,
85 zur Anwendung.
g) Das Recht des Reiches zur Aufstellung des Militäretats ist Bayern
gegenüber nur nach näherer Anordnung der Schlußbestimmung zum
XII. Abschnitt der Reichsverfassung auszuüben.
h) Bei dm Reichsmilitärgericht in Berlin besteht ein be-
sonderer Senat für das bayerische Heer gemäß dem Reichsgesetz vom
9. März 1899. (Reichsgesetzbl. S. 135)).
i) Die Kompetenz der Normaleichungskommission ist in Bayern
ausgeschlossen gemäß S 3 des Gesetzes vom 26. November 1871. (Ges.
v. 30. Mai 1908 8 25).
k) Die Befugnis, einer Notenbank das Recht zur Ausgabe von
Banknoten bis zum Höchstbetrage von 70 Millionen Mark zu erteilen
gemäß 8 47, Abs. 3 des Bankgesetzes vom 14. März 1875.
2. Eine zweite Klasse von Sonderrechten besteht in einer bevor-
1) Jastrow im Arch. f. öff. R. Bd. 12, S. 1 ff. 2) Schlußprotokoll Z. IV.
3) Reichsverfassung Art. 35, Abs. 2; Art. 38. 4) Reichsverfassung Art. 52.
5) Dagegen gehört der Ausschluß der Zuständigkeit des Reichsgerichts in bürger-
lichen Rechtsstreitigkeiten und das Bestehen eines obersten Landesgerichts in Bayern
formell nicht zu den Sonderrechten, da $ 8 des Einf.-Ges. z. Gerichtsverf.-Ges. einen
allgemeinen, für alle Bundesstaaten geltenden Grundsatz aufstellt, von welchem frei-
lich Bayern allein tatsächlich Gebrauch gemacht hat. Da das Einf.-Ges. zum Bürger-
lichen Gesetzbuch Art. 6 die nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch zu entscheidenden
Rechtsstreitigkeiten dem Reichsgericht zugewiesen hat, ist die Zuständigkeit des
bayerischen obersten Landesgerichts erheblich eingeschränkt worden. Siehe unten
Bd. 3, 8 85.