132 & 13. Die Existenz der Einzelstaaten.
desgebiete trittdas Gebiet desReichslandes Elsaß-Lothringen
hinzu« !).
Der Art. 1 spricht daher nur den Rechtssatz aus, daß das Gebiet
der in ihm aufgezählten Staaten dem Reiche nicht entzogen und kein
anderweitiges Gebiet dem Reiche einverleibt werden darf, ohne daß das
Reich selbst in den Formen der Verfassungsänderung zustimmt; aber
Art. 1 verfügt nicht, daß die in ihm erwähnten Staaten »Staaten bleiben
müssen«?).
Art. 6 endlich betrifft die Verteilung der Stimmen im Bundesrat.
Aus der Fassung, welche dieser Artikel in der norddeutschen Bundes-
verfassung und ebenso in der mit Baden, Hessen und Württemberg
vereinbarten deutschen Bundesverfassung gehabt hat, ergibt sich zwei-
fellos, daB der verfassungsmäßige Grundsatz, welchen Art. 6
normiert, nur der ist, »daß die Stimmführung sich nach Maßgabe der
Vorschriften für das Plenum des ehemaligen Deutschen Bundes ver-
teilt«°). Lediglich als Konsequenz dieses Prinzips wird das Register
der den einzelnen Staaten zustehenden Stimmen beigefügt; durch die
Worte »so daß«, mit denen dieses Register beginnt, wird deutlich her-
vorgehoben, daß die folgende Aufzählung der Staaten und der ihnen
zustehenden Stimmen nicht den Charakter einer selbständigen
Rechtssatzung hat, sondern nur die faktische Durchführung des sank-
tionierten Prinzips enthält.
Da Bayern im Zollbundesrat jedoch durch Zuteilung von sechs
Stimmen begünstigt wurde, so ließ man im Art. 8, $ 1 des Zollver-
trages vom 8. Juli 1867 das Prinzip ganz weg und stellte nur das Re-
gister der Stimmen auf und ebenso wurde in dem Verfassungsbündnis
mit Bayern die jetzige Fassung des Art. 6 verabredet, welche die aus-
drückliche Erwähnung des für die Stimmenverteilung maßgebenden
Prinzips zwar vermeidet, es dadurch aber doch als materiell fortwir-
kend anerkennt, daß die Preußen zustehenden 17 Stimmen »mit den
ehemaligen Stimmen von Hannover, Kurhessen, Holstein, Nassau
und Frankfurt« gerechtfertigt werden. Das Wort »ehemalig« kann
keinen anderen Sinn haben als die Bezugnahme auf den Bundestag.
Aus diesen Erwägungen folgt, daß Art. 6 der Reichsverfassung in
seinem dispositiven Bestande eine Bestimmung trifft über die Stimmen
1) Elsaß-Lothringen ist nicht Mitglied des Bundes, wohl aber Bundesgebiet.
2) Anderer Ansicht G.Meyer 8 164, Note 15, woselbst die Literatur über diese
Frage verzeichnet ist.
3) Löning a. a. O. S. 368 wendet zwar ein, es enthalte dieser Satz nicht die
Aufstellung eines allgemeinen Grundsatzes, sondern nur die Angabe des historischen
Grundes. Aber es ist nicht abzusehen, warum nicht ein Verfassungsgrundsatz eben-
sowohl historischen Verhältnissen wie rationellen Erwägungen entnommen werden
könne. Das Prinzip für Verteilung der Stimmen ist allerdings nicht logisch geboten,
sondern historisch gegeben; aber daraus folgt doch nicht, daß es überhaupt kein
Prinzip ist. Vgl. die Rede des Reichskanzlers im verfassungsberatenden Reichs-
tag vom 26. März 1867. Stenogr. Berichte S. 350.