Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

190 8 21. Begriff und staatsrechtliche Natur des Bundesgebietes. 
Die Beschwerde ist bei der zuständigen Behörde des Bundesstaates 
anzubringen, dessen Steuerveranlagungsbehörde das Reichsgesetz ver- 
letzt hat. Außerdem kann auf Grund des Art. 17 der RV. die Be- 
schwerde an den Reichskanzler gerichtet und eine Entscheidung des 
Bundesrats herbeigeführt werden. (Siehe oben S. 111 fg.) 
Zweiter Abschnitt. 
Bundesgebiet*). 
& 21. Begriff und staatsrechtliche Natur. 
Daß zum Begriff des Staates ein Gebiet erforderlich ist, wird in 
der Theorie nicht in Zweifel gezogen; ebensowenig daß die Staatsge- 
walt eine Herrschaft an diesem Gebiet von öffentlich-rechtlichem In- 
halt, die sogenannte Gebietshoheit, in sich schließt. Es ergibt sich 
hieraus von selbst, daß auch dem Reich, wofern man die bundes- 
staatliche Natur desselben anerkennt, eine Gebietshoheit zukommt. 
In Beziehung auf das Wesen der Gebietshoheit kann man die 
ältere Ansicht, wonach sie einen besonderen Bestandteil der Staats- 
gewalt ausmacht und bestimmte einzelne Befugnisse enthält, wohl 
als beseitigt ansehen!,. Das Gebiet des Staates bildet den räum- 
lichen Machtbereich, innerhalb dessen der Staat die ihm zustehen- 
den Herrschaftsrechte entfaltet. »Es würde unrichtig seine — sagt 
v. Gerber, Grundzüge 8 22 — »den Begriff der Gebietshoheit mit 
einem eigentümlichen materiellen Inhalte ausstatten und etwa durch 
einzelne Maßregeln der Staatsgewalt bestimmen zu wollen, welche den 
Grund und Boden zum praktischen Objekte haben, wie die Anlegung 
von Straßen, die Verfügung über öffentliche Gewässer, die Aufstellung 
von Regalien, oder durch Maßregeln, welche sich auf die Einteilung 
des Staates in Kreise oder Provinzen oder auf die Behandlung Frem- 
der im Staatsgebiete beziehen. Denn alles dieses sind nicht spezifische 
*, Literatur. Fricker, Vom Staatsgebiet, Tübingen 1867. Derselbe, 
Gebiet und Gebietshoheit, Tübingen 1901. Brockhaus, Art. „Staatsgebiet“ in 
v. Holtzendorffs Rechtslexikon III, S. 749 ff. Seydel, Bayer. Staatsr. I, S. 334 ff. 
v.Sarwey, Württ. Staatsr. U, S. 49 ff. Rosin, Oeffentl. Genossensch. S. 45 ff. 
Zorn L S.69 fl. G. Meyer, Staatsr. II, 874. Bansi, Die Gebietshoheit, in Hirths 
Annalen 1898, S. 64l f. Heimburger, Erwerb der Gebietshoheit, Karlsruhe 
1888, S. 26 fg. Heilborn, System des Völkerrechts, Berlin 1896, S.5 ff. Affolter 
im Arch. f. öffentl. R. Bd. 21, S. 428 ff. Jellinek, Allg. Staatslehre S. 381 ff. 
Clauß, Die Lehre von den Staatsdienstbarkeiten, Tübingen 1894 und dazu Sar- 
torius, Göttinger Gel.-Anz. 189, S. 88 f. Bruno Schmidt, Der schwedisch- 
mecklenb. Pfandvertrag über Wismar, Leipzig 1901. 
1) Sie wird noch vertreten von Zöpfl 1,8 443, der auf dieselbe fünf „Rechte“ 
und zwei „Ausflüsse“ (die Anwendung der statuta realia und den Gerichtsstand der 
Forensen, den sogenannten Landsassiat) zurückführt. Vgl. auch v. Pözl, Bayer. 
Verfassungsrecht 8 24.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.