206 & 23. Der Schutz des Gebietes.
durch Verordnung die Paßpflichtigkeit überhaupt oder für einen be-
stimmten Bezirk oder zu Reisen aus und nach bestimmten Staaten
des Auslandes vorübergehend einzuführen, wenn die Sicherheit des
Bundes oder eines einzelnen Bundesstaates oder die öffentliche Ord-
nung durch Krieg, innere Unruhen oder sonstige Ereignisse bedroht
erscheint. Die Einzelstaaten haben keine Ermächtigung dieser Art für
ihr Gebiet.
c) Ebenso unterliegt der Warenverkehr mit dem Auslande der
Regelung durch das Reich, welchem die ausschließliche Befugnis zur
Zollgesetzgebung, zur Erhebung von Abgaben von fremden Schiffen
oder deren Ladungen gemäß Art. 54, Abs. 5 der Reichsverfassung, zum
Abschluß von Handels- und Schiffahrtsverträgen und zur Verfügung
von Grenzsperren zusteht!) In Anwendung dieses Grundsatzes
hat das Reich die Berechtigung zur Küstenfrachtfahrt geregelt
und die Zulassung ausländischer Schiffe von einer mit Zustimmung
des Bundesrates zu erlassenden kaiserlichen Verordnung abhängig ge-
macht).
d) Auch der Abschluß von Verträgen mit auswärtigen Staaten
1) In bezug auf den letzten Punkt hat das Gesetz vom 7. April 1869 die Ver-
waltungsbehörden der einzelnen Staaten „verpflichtet und ermächtigt“,
wenn die Einschleppung der Rinderpest zu befürchten ist, Beschränkungen und Ver-
bote der Einfuhr zu erlassen. Sobald eine Regierung in die Lage kommt, ein Ein-
fuhrverbot zu erlassen, zu verändern oder aufzuheben, muß sie dem Bundespräsidium
davon Mitteilung machen und erforderlichenfalls kann der Reichskanzler selbständig
Anordnungen treffen (Gesetz 8 1, 2, 9, 12). Die Behörden der Einzelstaaten erlassen
das Einfuhrverbot daher nicht in Ausübung eines Hoheitsrechtes des Einzelstaates,
sondern Kraft besonderer Delegation in Ausübung eines Hoheitsrechtes des Reiches
und nach Maßgabe der vom Reich erlassenen Instruktion. Vgl. die Revid. Instruktion
vom 9. Juni 1873, 8 1—10 (Reichsgesetzbl. S. 147). Anwendungsfälle dieser Gebiets-
hoheit des Reiches sind ferner das vom Kaiser erlassene Verbot der Einfuhr von
Reben vom 11. Februar 1873 (Reichsgesetzbl. S. 43) und vom 31. Oktober 1879 (Reichs-
gesetzbl. S. 303) und das Verbot der Einfuhr von Kartoffeln aus Amerika vom 26. Fe-
bruar 1875 (Reichsgesetzbl. S. 135). Vgl. ferner die Verordnungen vom 29. Januar,
8. April und 17. Juni 1879 (BReichsgesetzbl. S. 3, 125, 158) zur Verhütung der Ein-
schleppung ansteckender Krankheiten aus Rußland; die Verordnung vom 25. Juni 1880
(Reichsgesetzbl. S. 151) und vom 6. März 1883 (Reichsgesetzbl. S. 31); Verordnung
vom 4. Juli 1883 (Reichsgesetzbl. S. 153); Verordnung vom 8. Februar und 6. Septem-
ber 1897 (Reichsgesetzbl. S. 15, 725); vom 5. Februar 1898 (Reichsgesetzbl. S. 5); Bek.
v. 1. März, 24. Aug., 8. Nov., 12. Dez. 1901 (Reichsgesetzbl. S. 11, 281, 485, 487); vom
27. Juli 1909 (Reichsgesetzbl. S. 898). Auch Ausfuhrverbote kann nur das Reich
erlassen, so wie im Nordd. Bunde dieselben nur von dem Bundespräsidium verordnet
werden konnten. Vgl. Verordnung vom 27. Juli 1895 (Reichsgesetzbl. S. 423). Bei-
spiele im Reichsgesetzbl. 1875 S. 159; 1877 S. 547; 1887 S.5; 1893 S. 203; 1895 S. 423;
1900 S. 789. Die Bestimmungen des Art. 4 des Zollvereinsvertrages vom 8. Juli 1867
sind durch den Eintritt der süddeutschen Staaten in das Reich unanwendbar gewor-
den, da sie von einander unabhängige, souveräne Staaten voraussetzen. Vgl. Bd. 4,
$ 120 a. E. Uebereinstimmend Delbrück, Art. 40 der Reichsverfassung S. 24.
2) Reichsgesetz vom 22. Mai 1881 und Verordnung vom 29. Dezember 1881 (Reichs-
gesetzbl. S. 97, 275). Vgl. Strafgesetzb. $ 296a.