$ 25. Das Subjekt der kaiserlichen Rechte. 221
sich nicht auf die Normierung der Regeln, nach denen die preußische
Krone erworben wird.
Diese Sätze werden unbestritten und unbezweifelt anerkannt hin-
sichtlich des eigentlichen Thronfolgerechts. Es ergibt sich namentlich
ausihnen die Konsequenz, daß eine Abänderung des preußischen '['hron-
folgerechts resp. der Hausgesetze des Königlichen Hauses Hohenzollern
nach Maßgabe des preußischen Staatsrechts erfolgen kann, und daß,
wenn sie verfassungsmäßig in Preußen erfolgt ist, sie tatsächlich auch
für die Sukzession in die Kaiserwürde entscheidend ist, ohne daß ein
Reichsgesetz ihr Anerkennung und Bestätigung zu verleihen braucht.
Das preußische Thronfolgerecht ist formell kein Reichsrecht.
Es ist nun durchaus nicht einzusehen, warum dieselben Grund-
sätze nicht vollständig zur Geltung kommen sollen, wenn eine Regent-
schaft in Preußen erforderlich wird!). Die Präsidialbefugnisse haften
nicht an dem Titel eines Königs von Preußen und sind nicht Rechte,
welche dem Könige für seine Person, d. h. unabhängig von seiner
staatsrechtlichen Stellung in Preußen, zukommen. Das Recht auf die
Kaiserwürde ist ein Recht der preußischen Krone; der König hat es in
seiner Eigenschaft als Monarch des preußischen Staates. So wie der
Staat Preußen eigentlich das Mitglied des Reiches, sein König nur der
verfassungsmäßige Vertreter ist, so ist auch das Sonderrecht auf die
Kaiserwürde im letzten Grunde ein Recht des preußischen Staates,
zu dessen Geltendmachung und Ausübung der König von Preußen
berufen ist.
Wenn also nach Grundsätzen des preußischen Staatsrechts der
König durch einen Regenten vertreten werden muß, so ist der Ver-
treter berufen, ihn in allen Rechten und Pflichten der Krone zu ver-
treten und mithin auch die Präsidialstellung im Reiche einzunehmen.
Der Titel des Kaisers wird allerdings demjenigen zukommen, wel-
cher den Titel des Königs von Preußen führt und welchem quoad jus
auch die preußische Krone zusteht; die Ausübung der preußischen
Kronrechte aber ist unteilbar und deshalb erstreckt sie sich auch im
Falle der Regentschaft notwendig auf das der preußischen Krone zu-
stehende Präsidium des Bundes?).
1) v. Gerber, Grundz. $ 34, Note 4 (S. 105): „Der Fall des Eintritts der Re-
gentschaft ist ein unvollkommener Fall der Thronerledigung. Es ist zwar ein Mo-
narch vorhanden, aber ein solcher, der das Monarchenrecht nicht ausüben kann; inso-
weit ist der Thron leer.“
2) Vgl. SeydelS. 155. „Ist einmal das Präsidium ein Recht der Krone Preu-
ßen, dann kann es von niemand anderem ausgeübt werden als von dem, der die an-
deren Kronrechte wahrnimmt. Eine Verteilung dieser Rechte an Verschiedene wäre
dem Geiste der Reichsverfassung entgegen; denn das Präsidium steht mit der preu-
Bischen Königskrone nicht in Personalunion, sondern es ist ein preußisches Recht im
Bunde.“ Vgl. auch Graßmanna. a. O. Dieselben Grundsätze müssen auch An-
wendung finden im Falle eines eigentlichen Interregnums in Preußen. Vgl. darüber
Triepel, Das Interregnum, Leipzig 1892, S. 105 ff.