Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

246 & 28. Die Staatenrechte im Bundesrate. 
BR.s, welche in der Fassung vom 26. April 1880 8 1 bestimmt: »Die 
Mitglieder des Bundes können für die von ihnen zu ernennenden Be- 
vollmächtigten Stellvertreter aufstellen, welche, im Fall der Verhinde- 
rung von Hauptbevollmächtigten, für dieselben als Mitglieder in den 
Bundesrat eintreten.«e Es wird also nicht für den einzelnen Haupt- 
bevollmächtigten für den Fall seiner Verhinderung ein bestimmter 
Vertreter bestellt!), sondern es wird außer der Reihe von Hauptbevoll- 
mächtigten, deren Höchstzahl durch die RV. Art. 6 begrenzt ist, eine 
zweite Reihe von Bevollmächtigten ernannt, deren Zahl 
unbegrenzt ist?); sie sind nicht Vertreter der Hauptbevollmächtigten, 
sondern Vertreter der Bundesstaaten und an die von der Landesregie- 
rung ihnen erteilte Instruktion gebunden; die von den Bundesratsbe- 
vollhächtigten geltenden Regeln finden in dieser Beziehung durchweg 
auf sie Anwendung’). Wenn die Zahl der Hauptbevollmächtigten und 
Stellvertreter eines Bundesstaates zusammen mehr beträgt als der 
Staat Stimmen hat, so widerspricht dies der Vorschrift des Art. 6 Abs. 2 
der RV., welche nur noch in dem Sinne Geltung haben kann, daß an 
einer Beschlußfassung des Bundesrats nicht mehr Bevollmächtigte 
eines Staates teilnehmen können als ihm Stimmen zustehen‘). Nicht 
das Bedürfnis, für einen »verhinderten« Bevollmächtigten einen Ersatz- 
mann zu haben, war der Grund für die Ernennung von Nebenbevoll- 
mächtigten, sondern die große Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit 
der Angelegenheiten, welche namentlich die Ausschüsse zu bearbeiten 
haben, machte es erforderlich, sachverständige Mitglieder aus den 
verschiedenen Verwaltungszweigen zur Teilnahme heranzuziehen ’). 
3. Die Erteilung der Instruktion an die Bevollmächtigten ist ein 
Regierungsgeschäft des Einzelstaates und steht unter den Regeln 
des Landesstaatsrechts). 
Daß bei der Instruktionserteilung die Gesamtinteressen des Rei- 
ches berücksichtigt werden, ist eine patriotische Pflicht, ja eine politi- 
sche Notwendigkeit; rechtlich ist es aber jedem Staate unver- 
wehrt, sein egoistisches, partikuläres Interesse dabei allein im Auge zu 
behalten. 
Der Minister, welcher die Instruktion erteilt oder gegengezeichnet 
hat, ist für diese Regierungshandlung nach Maßgabe des öffentlichen 
Rechts seines Staates verantwortlich”). Man kann es daher auch nicht 
1) Dies war die ursprüngliche Aufgabe der Stellvertreter. Perels S. 263. 
2) Nach der Angabe von Perels S. 279 betrug die Gesamtzahl der stellver- 
tretenden Bevollmächtigten im Jahre 1907 bereits 88 und sie hat dieselbe Höhe 
auch 1910. 
3) Perels S. 264 ff., 271 ff. 
4) Rev.Gesch.Ordn. $ 4, Abs. 1: „Stellvertretende Bevollmächtigte, welche nicht 
an die Stelle von Hauptbevollmächtigten getreten sind (!), können den Sitzungen des 
Bundesrats und der Ausschüsse anwohnen, ohne an den Beratungen teilzunehmen.“ 
5) Vgl. meine Ausführungen in der DJZ. 1911 Sp. 7 ft. 
6) Vgl. oben S. 98 ff. 7) Siehe oben S. 99, Note 2.
	        
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