260 & 29. Der Bundesrat als Organ des Reiches.
welche in Beziehung auf die Ausführung des Grundvertrages......
wahrgenommen . .. worden sind«!).
Auch bei der Gründung des Norddeutschen Bundes blieb die im
Zollverein ausgebildete Verwaltungsorganisation im wesentlichen un-
verändert; abgesehen davon, daß die zur Kontrolle der Zoll- und
Steuerbehörden der einzelnen Staaten dienenden Bevollmächtigten vom
Präsidium ernannt wurden. Dem Bundesrate wurde daher im Art. 37
zugewiesen unter Ziff. 1 die Mitwirkung bei dem Erlaß von Zoll- und
Steuergesetzen und dem Abschlusse von Handelsverträgen, unter Ziff. 2
die Beschlußfassung über Verwaltungsverordnungen und unter Ziff. 3
die Beschlußfassung:
»über Mängel, welche bei der Ausführung der gemeinschaftlichen
Gesetzgebung (Art. 35) hervortreten«,
also mit ausdrücklicher, durch die Anführung des Art. 35 bewirkter
Beschränkung auf die Zoll- und Steuergesetze und im Anschluß an die
Fassung des Art. 34 des Zollvereinsvertrages von 1869.
Auch der Zollvereinsvertrag vom 8. Juli 1867 Art. 8, $ 12 wieder-
holt dieselbe Bestimmung, und in der Reichsverfassung ist nur eine
redaktionelle Aenderung eingetreten. Der Zollbundesrat war gleichsam
der Erbe der Zollkonferenz, nur befreit von dem Druck des Ein-
stimmigkeitsprinzips?).
Art. 36, Abs. 2 der Reichsverfassung verleiht dem Kaiser das Recht
und die Pflicht, die Einhaltung des gesetzlichen Verfahrens seitens
der Landesbehörden durch Reichsbeamte, welche er den Zoll- und
Steuerämtern und den Direktivbehörden beiordnet, zu überwachen.
Abs. 3 fügt hinzu:
»Die von diesen Beamten über Mängel bei der Ausführung
der gemeinschaftlichen Gesetzgebung (Art. 35) gemachten Anzeigen
werden dem Bundesrate zur Beschlußnahme vorgelegt.«
Das Verhältnis zwischen Kaiser und Bundesrat ist daher hier nicht
zweifelhaft. Der Kaiser hat hinsichtlich der Ueberwachung der Einzel-
staaten das formelle Recht der Ernennung und Beiordnung der Reichs-
zollkontrolleure und Bevollmächtigten. Die materielle Entscheidung
aber über die von ihnen erstatteten Anzeigen und die Sicherung gleich-
mäßiger Auslegung und Handhabung der Zoll- und Steuergesetze ist
dem Bundesrat zugewiesen. Er ist in dieser Hinsicht an die Stelle
der alten Zollkonferenz getreten, nur daß seine Beschlüsse nicht mehr
den Charakter des völkerrechtlichen Vertrages, sondern den der Ent-
scheidung einer obersten Behörde haben. Der Bundesrat ist in Zoll-
und Steuersachen eine Zentralverwaltungsbehörde des
1) Zollvereinsvertrag vom 16. Mai 1865, Art. 34 sub a.
2) Schlußprotokoll vom 8. Juli 1867, Nr. 9 zu Art. 8, $ 12 des Zollvereinsver-
trages: „Die Funktionen, welche durch die im $ 1 des gegenwärtigen Protokolls be-
zeichneten Bestimmungen, Abreden und Vereinbarungen der Generalkonferenz
übertragen sind, gehen auf den Bundesrat des Zollvereins über.“