18 8 2. Die Gründung des Norddeutschen Bundes.
und »mithin dem Bundesverein selbst die erforderliche Vollendung zu
sichern«. Der Art. VI des Bündnisvertrages vom 18. August 1866 setzt
die Dauer des Bündnisses bis zum Abschluß des neuen
Bundesverhältnisses fest. Dieser Abschluß ist nicht die Pro-
longation, nicht die Entwicklung und Vollendung, sondern. die Be-
endigung des Augustbündnisses und zwar die Beendigung durch
Erfüllung. Der Norddeutsche Bund ist nicht am 18. August 1866
gegründet worden; sSachsen-Meiningen, Reuß ä. L. und Königreich
Sachsen treten in den mit ihnen abgeschlossenen Friedensverträgen
nicht dem Norddeutschen Bunde, sondern dem Bündnisvertrage vom
18. August 1866 bei, und ebenso verpflichtet sich Hessen-Darmstadt
nicht, mit seinen nördlich des Mains gelegenen Gebietsteilen in den
schon bestehenden Norddeutschen Bund, sondern in den zu gründen-
den einzutreten.
Der Bündnisvertrag vom 18. August 1866 und die ihn erweitern-
den Friedensverträge begründeten gegenseitige völkerrechtliche
Pflichten und Rechte. Kam die Herstellung des Bundes nach Maß-
gabe der in dem Augustbündnis vereinbarten Modalitäten zustande,
so durfte keiner der Kontrahenten von diesem Bunde sich fern halten,
keiner von demselben ausgeschlossen werden. Die Pflicht und das
Recht der Anteilnahme sowohl an den zur Herstellung des Bundes in
Aussicht genommenen Verhandlungen als auch an dem Bunde selbst
waren für alle Kontrahenten des Vertrages wechselseitig festgestellt.
Das Augustbündnis ist die alleinige völkerrechtliche Basis
für die Errichtung des Bundes, in keiner Hinsicht dagegen die saats-
rechtliche Grundlage des Norddeutschen Bundes selbst.
Die Feststellung dieser Tatsache ist von größter Bedeutung, weil
ihre Verdunkelung zur Rechtfertigung einer völlig haltlosen Theorie
über die rechtliche Natur des Norddeutschen Bundes und des Deut-
schen Reiches verwertet worden ist.
Die kontrahierenden Regierungen begannen mit der Erfüllung der
ihnen obliegenden Verpflichtung, indem sie ihren Landtagen ein Wahl-
gesetz für den Reichstag vorlegten, welches sich so eng als möglich
an das Wahlgesetz von 1849 anlehnte. Gleich anfangs stieß aber das
Werk der Konstituierung des Bundes auf eine sehr ernstliche Schwierig-
keit an einer Stelle, wo man sie kaum erwartet hätte Das preußi-
sche Abgeordnetenhaus wollte dasgemeinsame Parlament nicht
mit der Befugnis ausstatten, die Verfassung mit den Regierungen zu
vereinbaren, sondern nur zu beraten; die Majorität desselben
konnte »die Neigung, partikularistische Rechte dem gesamten Gremein-
wesen gegenüber zu verklausulieren«!), nicht unterdrücken; es sollte
die zwischen dem Parlament Norddeutschlands und den norddeutschen
Regierungen zu vereinbarende Verfassung noch einer Superrevision
1) Vgl. die Rede des Fürsten Bismarck in der Sitzung des preuß. Abgeordneten-
hauses vom 12. September 1866.