Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

286 & 31. Die Bundesratsausschüsse. 
weise ist aber einzelnen Ausschüssen die selbständige Erledigung ge- 
wisser Sachen übertragen. 
Wenn der Vergleich des Bundesrates mit einem Reichsministerium 
oben S. 236 als gänzlich unpassend bezeichnet werden mußte, so ist 
die Charakterisierung der Bundesratsausschüsse, als versähen dieselben 
Funktionen von Ministerien’), noch um vieles irriger und ungerecht- 
fertigter, obwohl sie durch eine gelegentliche Bemerkung des Fürsten 
Bismarck in der Sitzung des Reichstages vom 16. April 1869 scheinbar 
bestätigt wird. Denn sie sind keine Behörden, am wenigsten sol- 
che, denen die Oberleitung der laufenden Verwaltung obliegt. — Die 
Ausschüsse stehen vielmehr im allgemeinen zu dem Bundesrat in 
einem ähnlichen Verhältnis wie die Kommissionen des Reichstages zu 
dem Plenum desselben ?). 
Die Ausschüsse werden entweder für eine einzelne Angelegenheit 
besonders niedergesetzt und heißen alsdann außerordentliche), 
oder sie bestehen für gewisse Kategorien von Geschäften als dauernde, 
ständige, ordentliche*). Unter den letzteren ist der Ausschuß für die 
auswärtigen Angelegenheiten durchaus anormal und eigentümlich, da 
derselbe, wie bereits S. 253 ausgeführt worden ist, lediglich zur Infor- 
mation der Bundesregierungen über den Stand der auswärtigen Politik 
dient. Wenn von diesem Ausschuß hier zunächst abgesehen wird, so 
lassen sich über die dauernden Ausschüsse folgende allgemeine 
Rechtssätze aufstellen: 
1. Die Ausschüsse werden gebildet »aus der Mitte« des Bundes- 
rates®), d. h. es kann niemand Mitglied eines Ausschusses sein, wel- 
cher nicht Bevollmächtigter zum Bundesrat ist. 
2. Die Zusammensetzung der Ausschüsse erfolgt bei Beginn jeder 
Session des Bundesrates; nach der revidierten Geschäftsordnung des 
Bundesrates $ 18 erfolgt die Erneuerung der Ausschüsse nur bei dem 
1) So zB. v. Martitz S. 66; Hauser S. 71; Auerbach S. 64. 
2) Richtig Westerkamp S.159. Vgl.auch Twesten im verfassungsberaten- 
den Reichstag. Stenogr. Berichte S. 355 und Minister Delbrück in der Reichstags- 
sitzung vom 29. Mai 1873. Stenogr. Bericht S. 899. Die vollständigste Begriffsver- 
wirrung spricht sich in der Beschreibung aus, welche v. Rönne I], S. 210 von den 
Bundesratsausschüssen gibt. 
3) Zu dieser Klasse gehörten auch der Ausschuß für die Verfassung und der 
Ausschuß für die Geschäftsordnung, welche 1871 „für die gegenwärtige Session“ ge- 
bildet wurden, Protokoll 1871, 86; dann in jeder Session erneuert wurden. Vgl. z.B. 
Protokoll 1874, 8 15; 1875, 8 179 (S. 155); durch die revidierte Geschäftsordnung $ 17 
sind sie aber zudauernden Ausschüssen erklärt worden. 
4) Fürst Bismarck im verf. Reichstage 26. März 1867 (Stenogr. Ber. S. 355): 
„Was den Ausdruck ‚dauernd’ anbelangt, so ist derselbe dahin gemeint gewesen, 
daß dies nicht Ausschüsse sein sollen, die einmal ad hoc zu einem bestimmten Zweck 
gewählt werden, sondern solche Ausschüsse, welche stets existieren sollen; ob sie auch 
dann in Tätigkeit sein sollen, wenn der Bundesrat nicht versammelt ist, hängt von 
den Beschlüssen des Bundesrats ab und von der Bedürfnisfrage“. 
5) Reichsverf. Art. 8, Abs. 1.
	        
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