Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 34. Die Bildung des Reichstages. Das Wahlrecht. 329 
stens zwölf Wähler aus dem Wahlkreise. Dieselben dürfen ein un- 
mittelbares Staatsamt nicht bekleiden. Außerdem ist ein Protokollführer, 
der ebenfalls Wähler sein muß, zuzuziehen. Beisitzer und Protokoll- 
führer werden mittelst Handschlags an Eidesstatt verpflichtet '). 
Aus den Protokollen, welche aus den einzelnen Abstimmungs- 
bezirken eingegangen sind, werden die Resultate der Wahlen zusammen- 
gestellt 2. Aus dem darüber aufzunehmenden Protokoll muß die Zahl 
der Wähler, der gültigen und der ungültigen Stimmen und die Zahl 
der auf die einzelnen Kandidaten gefallenen Stimmen für jeden einzelnen 
Wahlbezirk ersichtlich sein. Auch sind diejenigen Bedenken zu er- 
wälnnen, zu denen die Wahlen in einzelnen Bezirken etwa Veranlassung 
gegeben haben. 
Das Ergebnis wird verkündet und durch die zu amtlichen Pub- 
likationen dienenden Blätter bekannt gemacht). 
Die Wahl erfolgt durch absolute Mehrheit aller in einem 
Wahlkreise abgegebenen Stimmen*). Hat sich dieselbe auf einen 
Kandidaten vereinigt, so wird derselbe als gewählt proklamiert?). 
6. Engere Wahl. Wenn eine absolute Stimmenmehrheit sich 
nicht ergeben hat, so findet unter den beiden Kandidaten, welche die 
meisten Stimmen erhalten haben, eine engere Wahl statt‘). Der Ter- 
min für dieselbe wird von dem Wahlkommissar festgesetzt und darf 
nicht länger hinausgeschoben werden als höchstens 14 Tage nach der 
Ermittlung des Ergebnisses der ersten Wahl’). Die engere Wahl ist 
lediglich als Fortsetzung der ersten, resultatlos gebliebenen Wahl 
anzusehen; es bedarf daher nicht der Wiederholung der zur Vorbe- 
reitung der Wahl dienenden Maßregeln. Wahlbezirke, Wahllokale, 
Wahlvorsteher bleiben unverändert; dieselben Wählerlisten werden 
angewendet; eine wiederholte Auslage und Berichtigung derselben findet 
nicht statt ?). 
Alle Stimmen, welche bei der engeren Wahl auf andere Kandidaten 
fallen als auf die beiden, unter denen zu wählen ist, sind ungültig. 
1) Wahlreglement $ 26. 
2) Die in den einzelnen Wahlbezirken getroffenen Entscheidungen über die Gül- 
tigkeit oder Ungültigkeit von Stimmzetteln können von dem Wahlkommissarius und 
seinen Beisitzern nicht abgeändert werden. Siehe S. 328, Note 2. Vgl. Stenogr. 
Berichte 1874, I. Sess. S. 699 ff. und 1874/75 S. 1154fg.; 1878 I. Sess. S. 100, II. Sess. 
S. 481. SeydelS. 382, Note 2. 
3) Wahlreglement 8 27. (Fassung von 1903.) 
4) Wahlgesetz 8 12. 5) Wahlreglement 8 28, Abs. 1. 
6) Wahlgesetz 8 12, Abs. 1. Wenn mehrere Kandidaten gleich viele Stimmen 
haben, so entscheidet das Los, welches durch die Hand des Wahlkommissars gezogen 
wird, darüber, welche beiden Kandidaten auf die engere Wahl zu bringen sind. Wahl- 
reglement 8 30, Abs. 1. 
7) Wahlreglement 8 29. 
8) Wahlreglement 8 31. Jedoch ist eine Verlegung der Wahllokale und Ersetzung 
der Wahlvorsteher, wenn sie nach dem Ermessen der zuständigen Behörde geboten 
erscheint, gestattet.
	        
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