Metadata: Deutsches Staatsrecht. Erster Band: Die Grundlagen des deutschen Staates und die Reichsgewalt. (1)

$ 27. Die Privatrechtsgesetzgebung. 171 
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Die Privatrechtsgesetzgebung. 
Die Privatrechtsgesetzgebung ist die Erzeugung des ob- 
jektiven Privatrechtes durch die Willensbestimmung des Staates. Sie ist 
weder notwendig noch regelmälsig noch auch — soviel das dispositive 
Recht betrifft — nur möglicherweise ! eine ausschliefsliche. Vielmehr findet 
eine Erzeugung objektiven Privatrechtes auch nicht von Staats wegen 
statt, teils auf Grund anderer Autoritätsverhältnisse in den Familienver- 
bänden, in den Grund- und Schutzherrschaften und in den korpo- 
rativen Verbänden, teils auf Grund eines Prozesses der Anpassung, 
dessen Ergebnis das Gewohnheitsrecht bildet. 
Allerdings in der suveränen Stellung des Staates liegt es be- 
gründet, nicht nur dafs er selbst von der Privatrechtserzeugung nicht 
ausgeschlossen sein kann, sondern auch, dafs es das Öffentliche Recht 
ist, welches entscheidet, ob und welchen Verbänden, in welchem 
Umfange und in welchen Formen denselben der Beruf der Privat- 
rechtserzeugung zuerkannt wird, wie nicht minder, unter welchen Vor- 
aussetzungen dem Prozesse der Anpassung im Gewohnheitsrechte die 
Kraft gemeinverbindlicher Rechtsnormierung zugeschrieben wird. In 
diesem Sinne beruht alle und jede Rechtsbildung auf der Anerkennung 
des Staates. Aber das Erfordernis staatlicher Anerkennung, selbst 
dann, wenn es die Form ausdrücklicher Willensakte, der vorgängigen 
Verleihung oder nachträglichen Bestätigung annimmt, liegt weit ab 
von der schöpferischen Thätigkeit, welche das Wesen der Gesetzgebung 
ausmacht. | 
Die Rolle, die in solcher Weise den verschiedenen, möglichen 
Faktoren der Privatrechtserzeugung eingeräumt wird, ist für die Ge- 
schichte und den Bestand jedes Staatswesens von charakteristischer 
Bedeutung. Anfangs nur allmählich und schrittweise, dann plötzlich 
verschiebt sich ihre Wirksamkeit. Je vielseitiger und enger sich die 
gesellschaftlichen Beziehungen entwickeln, je mehr sich die Berührungs- 
punkte der Interessen von den räumlichen Bedingungen unabhängig 
machen, je umfassender sich die Staatsaufgaben in das Gebiet der 
Privatfreiheit einschieben, desto mehr macht sich das Bedürfnis 
geltend, die vom Staate unabhängigen und ihrer Natur nach parti- 
kularistisch formierten Rechtsbildungen zu beschränken und zu über- 
1 Auf dem Gebiete des dispositiven Rechtes kann das „Herkommen“ der 
Natur der Sache nach nicht ausgeschlossen werden; vgl. Reinhold Schmid, 
Theorie und Methodik des bürgerlichen Rechtes, 1848, S. 195 ff.
	        
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