Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

8 39. Begriff und System der Reichsbehörden. 369 
die gesamten Kosten des Militärwesens zu einem Teile der Reichs- 
finanzwirtschaft; aber sie entzieht den einzelnen Staaten weder die 
sogenannte Militärhoheit noch die eigene Militärverwaltung. Siehe 
Bd. 48 9 u. 9. 
2. Da ein Reichsamt ein durch Rechtsvorschriften begrenzter Kreis 
von Geschäften des Reiches ist, so ergibt sich hieraus auch das Ver- 
hältnis der Reichsbehörden zu den übrigen Organen des Reiches. 
Der Kaiser führt die Regierungsgeschäfte des Reiches. Daraus 
folgt, daß alle Inhaber von Reichsämtern Gehilfen des Kaisers 
sind, da sie Geschäfte besorgen, welche ideell dem Kaiser obliegen. 
Dies ist nicht in dem Sinne zu verstehen, als ob es in das willkürliche 
Belieben des Kaisers gestellt wäre, die Geschäfte unter die Reichsbe- 
hörden zu verteilen oder nach Lust und Laune Geschäfte untergeord- 
neter Art bald selbst zu erledigen, bald sie Reichsbehörden zu über- 
lassen. Die Reichsbehörden sind vielmehr von Rechts wegen dem 
Kaiser beigeordnet, damit er sich ihrer bei der Führung der Reichs- 
geschäfte bediene, so daß er die Geschäfte nicht anders als durch die 
vermittelnde Tätigkeit der Behörden führen kann und darf. Es 
istferner der Kreis derjenigen Geschäfte, welche die einzelnen Behörden 
zu erledigen haben, durch Rechtsvorschriften abgegrenzt, so daß ihre 
Kompetenzbestimmung ein Teil der staatlichen Rechtsordnung ist, 
welche der Kaiser einseitig nicht ändern kann. Auch empfangen die 
Behörden die Anweisung, nach welchen Gesichtspunkten sie die zu 
ihrem Ressort gehörenden Geschäfte zu erledigen haben, zum größten 
Teil durch die Gesetze des Reiches und auch in den nicht gesetzlich 
normierten Beziehungen nicht von dem persönlichen (privaten) Willen 
des Kaisers, sondern von dem in staatsrechtlichen Formen erklärten 
(staatlichen) Willen desselben. ' 
Aber die Behörden haben kein subjektives Recht darauf, daß ihnen 
die Erledigung und Führung von Geschäften des Reiches zustehe; ein 
solches Recht hat nur der Kaiser, welchem nach der Reichsverfassung 
Art. 17 »die Ueberwachung der Ausführung der Reichsgesetze« zusteht. 
Dem Bundesrat und dem Reichstage gegenüber erscheint der Inbegriff 
aller Befugnisse, welche sämtlichen Reichsbehörden zustehen, als ein 
Anteil des Kaisers an dem Verfassungsleben des Reiches. Wenn 
andererseits in einem Reichsgesetze die Erledigung staatlicher Geschäfte 
oder der Erlaß von Anordnungen dem Kaiser zugeschrieben wird, 
so bedeutet dies die Erledigung dieser Geschäfte durch die Reichs- 
behörden, mit Ausschluß nicht nur der Einzelstaaten, sondern 
auch des Bundesrates und des Reichstages. 
In dieser Art sind alle den Reichsbehörden zustehenden Befugnisse 
enthalten und umschlossen von dem einheitlichen Rechte des Kaisers, 
»derkaiserlichen Prärogative«, und das Recht des Kaisers 
zur Geschäftsführung für das Reich kommt anders nicht zur Erscheinung 
und Wirkung als in der Differenzierung durch die amtliche Tätigkeit
	        
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