Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

386 $ 41. Die Reichsverwaltungsbehörden. 
IV. Die Reichskanzlei. 
Eine Folge der Erhebung der Vorstände der obersten Reichsbe- 
hörden zu verantwortlichen Unterministern war die Lockerung des 
Verhältnisses zwischen dem Reichskanzler und diesen Behörden; er 
erscheint nicht mehr als ihr unmittelbarer Chef, sondern als eine 
über ihnen allen stehende Zentralbehörde mit einem abgesonder- 
ten Geschäftskreis. Insbesondere sind aus dem Bundes-(Reichs-) 
Kanzleramt, welches ursprünglich als Bureau des Reichskanzlers diente, 
eine Anzahl von obersten Reichsbehörden hervorgegangen, deren Vor- 
stände nunmehr die Reichsverwaltungsgeschäfte unter eigener Verant- 
wortlichkeit führen. Der Reichskanzler bedurfte daher jetzt eines 
eigenen Apparates von Hilfs- und Unterbeamten. Während bis zum 
Jahre 1878 im Reichshaushaltsetat der Reichskanzler und das Reichs- 
kanzleramt in demselben Kapitel zusammengefaßt waren, erscheint in 
dem Etat von 1878/79 zum erstenmal »der Reichskanzler und dessen 
Zentralbureau« getrennt vom Reichskanzleramt in einem besonderen 
Kapitel. Vom Jahre 1879 ab ist diese Trennung noch vollständiger 
durchgeführt und das »Zentralbureau« als »Reichskanzlei« bezeichnet 
worden (Reichsgesetzbl. 1879, S. 22); sie hat den amtlichen Verkehr 
des Reichskanzlers mit den Chefs der obersten Reichsbehörden zu 
vermitteln. 
S 41. Die Reichsverwaltungsbehörden. 
Durch den Präsidialerlaß vom 12. August 1867 (Bundesgesetzbl. 
S. 29) ist unter dem Namen »Bundeskanzleramt« eine Behörde errichtet 
worden 
»für die dem Bundeskanzler obliegende Verwaltung und Beauf- 
sichtigung der durch die Verfassung des Norddeutschen Bundes 
zu Gegenständen der Bundesverwaltung gewordenen, bezw. unter 
die Aufsicht des Bundespräsidiums gestellten Angelegenheiten, 
sowie für die dem Bundeskanzler zustehende Bearbeitung der 
übrigen Bundesangelegenheiten«. 
Durch das Etatsgesetz für 1868 wurden die Geldmittel für diese 
Behörde bewilligt und in den Etatsgesetzen der folgenden Jahre die 
Bewilligung im Verhältnis der fortschreitenden Vergrößerung dieser 
Behörde erhöht. An. Stelle der ursprünglichen Bezeichnung wurde 
durch Allerh. Erlaß vom 12. Mai 1871 (Reichsgesetzbl. S. 102) der 
Name »Reichskanzleramt« gesetzt. 
Dem Erlaß vom 12. August 1867 gemäß war der Geschäftsumfang 
des Bundeskanzleramtes ein ganz umfassender und erstreckte sich auf 
alle Obliegenheiten, welche dem Bundeskanzler zugewiesen waren. Die- 
selben werden in diesem Erlaß ganz richtig in drei Kategorien geteilt: 
a) die Verwaltung der Angelegenheiten, welche zu Gegenständen der
	        
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