414 8 43. Die richterlichen Reichsbehörden.
in welchen durch Herkommen oder durch Staatsverträge die Ausübung
der Gerichtsbarkeit gestattet ist. Dieselbe ist geregelt durch das Reichs-
gesetz über die Konsulargerichtsbarkeit vom 7. April 1900 (Reichsge-
setzbl. S. 213). Vgl. darüber unten Bd. 3, $ 86, II.
3. Die Gerichte in den Schutzgebieten siehe Bd. 2, $ 70.
4. Das Reichsmilitärgericht zu Berlin. Während die
Standgerichte, Kriegsgerichte und Oberkriegsgerichte für das Heer auch
nach der Militärstrafgerichtsordnung vom 1. Dezember 1898 Gerichte
der Kontingentsherren, also Gerichte der Einzelstaaten sind, ist der
oberste Militärgerichtshof ein Reichsgericht. Der Präsident, welcher
den Rang eines kommandierenden Generals hat und welchem die Lei-
tung der Geschäfte, aber kein Anteil an der Rechtsprechung zusteht,
wird vom Kaiser ernannt; ebenso sein Stellvertreter. Die Senatspräsi-
denten und Räte werden vom Kaiser auf Vorschlag des Bundesrats,
die militärischen Mitglieder vom Kaiser auf Vorschlag der Kontingents-
herren, die aus der Marine zu berufenden vom Kaiser nach eigenem
Ermessen ernannt '!). Ueber die Zuständigkeit des Gerichtshofes vgl.
Bd. 4, $ 108. Die Geschäftsordnung vom 30. Januar 1902 ist im Zen-
tralblatt S. 59 abgedruckt.
Bei dem Reichsmilitärgericht wird ein besonderer Senat für das
bayerische Heer gebildet. Der König von Bayern ernennt den Präsi-
denten, die Räte und die militärischen Mitglieder dieses Senats, sowie
einen Militäranwalt für denselben ?).
9. Die Marinestrafgerichte sind im Gegensatz zu den Ge-
richten für das stehende Heer durchweg Reichsgerichte, da die Kriegs-
marine eine Reichsanstalt ist.
II. Reichsdisziplinargerichte.
Dieselben sind keine ständigen Behörden; sie treten nur zu-
sammen im Falle des Bedürfnisses. Die Mitglieder versehen ihr Amt
als ein unbesoldetes Nebenamt; erhalten jedoch, wenn sie an dem
Orte, an welchem das Gericht zusammentritt, nicht wohnhaft sind,
Reisegelder und Diäten. Aus dem $ 93 des Reichsbeamtengesetzes
vom 31. März 1873 (18. Mai 1907) ergibt sich, daß zu Mitgliedern der
entscheidenden Disziplinarbehörden nur Beamte im Reichs- oder
Staatsdienst ernannt werden können, indem daselbst angeordnet ist,
daß die Mitglieder der Disziplinargerichte das ihnen übertragene Ne-
benanıt so lange innehaben, wie das »zur Zeit ihrer Ernennung von
ihnen bekleidete Reichs- oder Staatsamt«°. Dadurch ist der, der
1) Militärstrafgerichtsordn. 8 71#.
2) Gesetz vom 9. März 1899 (Reichsgesetzbl. S. 135). Ueber die staatsrechtl.
Stellung der Militärjustizbeamten dieses Senats vgl. Endres im Arch. £. öffentl. R.
Bd. 23, S. 273 ff.
3) Bei den zu Mitgliedern des Disziplinarhofes ernannten Mitgliedern des Bun-
desrates ist unter dem „von ihnen bekleideten Staatsamt“ die Bevollmächtigung zum