Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

420 8 43. Die richterlichen Reichsbehörden. 
die erste Instanz bilden, und in erster und letzter Instanz in Sachen 
der juristischen Mitglieder des Reichsmilitärgerichts'. Er wird bei 
dem Reichsmilitärgericht aus den juristischen Mitgliedern dieses Ge- 
richts gebildet. Zur Beschlußfähigkeit gehört die Anwesenheit von 
mindestens sieben Mitgliedern einschließlich des Vorsitzenden. Den 
Vorsitz führt der dienstälteste Senatspräsident?). Der Geschäftsgang 
wird durch eine Geschäftsordnung geregelt, welche von dem Diszipli- 
narhofe auszuarbeiten und durch den Präsidenten des Reichsmilitär- 
gerichts dem Kaiser zur Bestätigung vorzulegen ist?). Die Verrichtungen 
der Staatsanwaltschaft werden von dem Obermilitäranwalte wahrge- 
nommen‘) Für den Präsidenten und die Räte des bayerischen Senats 
trifft S 3 des Gesetzes vom 9. März 1899 (Reichsgesetzbl. S. 136) beson- 
dere Anordnungen. 
c) Das Plenum des Reichsgerichts und das Plenum 
des Bundesamtes für das Heimatwesen entscheiden in 
erster und letzter Instanz über ihre Mitglieder’) in denjenigen 
Fällen, in welchen Amtsverlust, Suspension vom Amte oder unfrei- 
willige Versetzung in den Ruhestand zulässig ist‘). 
Die Disziplinargewalt über die Rechtsanwälte wird in erster Instanz 
von den Vorständen der Anwaltskammern als Ehrengerichten, 
in zweiter Instanz von dem beim Reichsgericht gebildeten Ehren- 
gerichtshof ausgeübt’). 
d) Gegen Entscheidungen der Börsen-Ehrengerichte ent- 
scheidet die zum Ressort des Reichsamtes des Innern gehörende Be- 
rufungskammer. Sie wird periodisch gebildet und besteht aus einem 
Vorsitzenden, welchen der Bundesrat bestimmt, und aus sechs Bei- 
sitzern, welche von dem Börsenausschusse aus seinen auf Vorschlag 
der Börsenorgane berufenen Mitgliedern gewählt werden 3). 
1) Gesetz vom 1. Dezember 1898, $S 7, Reichsgesetzbl. S. 1298. 
2) Daselbst $ 11. 3) Daselbst $ 12, Abs. 1. 4) Daselbst $ 13 a. E. 
5) Hinsichtlich der übrigen Beamten dieser Behörden ist die Zuständigkeit der 
Disziplinarkammern und des Disziplinarhofes nicht beschränkt. 
6) Gerichtsverfassungsgesetz $ 128—131; Gesetz vom 6. Juni 1870, $ 43; Gesetz 
vom 31. März 1873, $ 158. Die Mitglieder und Beamten des Rechnungshofes 
unterliegen der Disziplinargewalt des Reiches oder einer Reichsbehörde überhaupt 
gar nicht, sondern derjenigen Preußens, welche durch das Obertribunal für den 
Präsidenten und die Mitglieder, durch die Oberrechnungskammer für die übrigen Be- 
amten ausgeübt wird (preuß. Gesetz vom 27. März 1872, 85.6; preuß. Ge- 
setzessammlung S. 278). An die Stelle des Obertribunals ist durch das preuß. Gesetz 
vom 8. April 1879 der beim Kammergericht gebildete „große Disziplinarsenat“ getreten. 
Nur übt hinsichtlich der vom Reiche angestellten Mitglieder der Reichskanzler die 
im $ 5 zit. dem preuß. Staatsministerium und Justizminister zugewiesene Zuständig- 
keit aus. Vgl. Kanngießera. a. O.S. 249. Die Behauptung von Schulze I, 
8 283 a. E., daß der Rechnungshof die Disziplinarinstanz für seine Mitglieder sei, ist 
falsch. 
7) Rechtsanwaltsordn. $ 67, 90. Siehe unten Bd. 3, 8 W. 
8) Börsengesetz vom 22. Juni 1896 (27. Mai 1908), $ 17.
	        
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