Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Erster Band. (1)

446 8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten. 
Reichsgesetze und Bundesratsbeschlüsse handhaben und deren Amts- 
führung der Oberaufsicht des Reiches unterliegt, welche aber in keinem 
dienstlichen Unterordnungsverhältnis zu den oberen Reichsbehörden 
und somit zum Kaiser stehen, also beispielsweise die Beamten der 
Zoll- und Abgabenverwaltung, der Eisenbahnverwaltungen, der See- 
mannsämter u. s. w.!). 
Die Verordnung vom 29. Juni 1871 (Reichsgesetzbl. S. 303) bezeich- 
net in der Ueberschrift die Reichsbeamten, deren Anstellung vom Kai- 
ser ausgeht, als unmittelbare?); der allerhöchste Erlaß vom 
3. August 1871 (Reichsgesetzbl. S. 318) als kaiserliche. Im Gegen- 
satz hierzu ergibt sich für die Beamten der zweiten, im $ 1 des Reichs- 
beamtengesetzes aufgeführten Kategorie die Bezeichnung »mittelbare 
Reichsbeamte« °), welche für dieselben üblich geworden ist‘*). 
Die mittelbaren Reichsbeamten sind daher wohl zu unterscheiden 
von denjenigen Beamten der Einzelstaaten, welche in einem Verwal- 
tungszweige tätig sind, hinsichtlich dessen das Reich auf die Gresetz- 
gebung und Oberaufsicht beschränkt ist’). 
3. Durch besondere gesetzliche Anordnungen sind die Rechte und 
Pflichten der Reichsbeamten beigelegt worden: 
a) den Reichstagsbeamten. Reichsbeamtengesetz $& 156, 
b) den Beamten der Reichsbank. Gesetz vom 14. März 1875, 8 28. 
4. Auf Personen des Soldatenstandes findet das Reichsbeamten- 
gesetz keine Anwendung, ausgenommen die in den $ 134—148 enthal- 
tenen Bestimmungen über Defekte‘). Obwohl Offiziere dem allgemei- 
nen Begriff eines Staatsbeamten sich unterordnen, so ist es doch in 
der militärischen Disziplin und der Organisation des Heeres begründet, 
daß das dienstliche Verhältnis der Offiziere und Unteroffiziere anderen 
Regeln unterworfen ist, wie dasjenige der Zivil- und Militärbeamten. 
9. Ueber die els.-lothr. Landesbeamten siehe unten $ 68, über die 
Schutzgebietsbeamten 8 70. 
8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten. 
I. Die herrschende Theorie führt die Begründung des Staatsdiener- 
verhältnisses auf einen einseitigen Akt des Staats zurück. Gön- 
ner, Heffter, Perthes, Dahlmann an den oben angegebenen 
Orten haben in konsequenter Durchführung ihrer Ansicht, daß die 
Uebernahme eines Amtes eine Pflicht sei, die Anstellung eines Beamten 
  
  
1) Die Motive a. a. O. sagen: Es handelt sich (im $ 1) nur um diejenigen Beam- 
ten, welche in einem vom Reiche unmittelbar geleiteten Verwaltungszweige tätig sind. 
2) Ebenso schon die Verordnung vom 3. Dezember 1867 (Bundesgesetzbl. S. 327). 
3) Man könnte auch sagen: „landesherrliche Reichsbeamte.“ 
4) Vgl. das oben zitierte Erk. des Disziplinarhofes im Zentralbl. 1874, S. 145. 
5) Die Bezeichnung „mittelbare Reichsbeamte* wäre an und für sich auch auf 
diese Beamten anwendbar. 
6) Reichsbeamtengesetz $ 157. (Siehe unten $ 48.)
	        
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