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Reichsgesetze und Bundesratsbeschlüsse handhaben und deren Amts-
führung der Oberaufsicht des Reiches unterliegt, welche aber in keinem
dienstlichen Unterordnungsverhältnis zu den oberen Reichsbehörden
und somit zum Kaiser stehen, also beispielsweise die Beamten der
Zoll- und Abgabenverwaltung, der Eisenbahnverwaltungen, der See-
mannsämter u. s. w.!).
Die Verordnung vom 29. Juni 1871 (Reichsgesetzbl. S. 303) bezeich-
net in der Ueberschrift die Reichsbeamten, deren Anstellung vom Kai-
ser ausgeht, als unmittelbare?); der allerhöchste Erlaß vom
3. August 1871 (Reichsgesetzbl. S. 318) als kaiserliche. Im Gegen-
satz hierzu ergibt sich für die Beamten der zweiten, im $ 1 des Reichs-
beamtengesetzes aufgeführten Kategorie die Bezeichnung »mittelbare
Reichsbeamte« °), welche für dieselben üblich geworden ist‘*).
Die mittelbaren Reichsbeamten sind daher wohl zu unterscheiden
von denjenigen Beamten der Einzelstaaten, welche in einem Verwal-
tungszweige tätig sind, hinsichtlich dessen das Reich auf die Gresetz-
gebung und Oberaufsicht beschränkt ist’).
3. Durch besondere gesetzliche Anordnungen sind die Rechte und
Pflichten der Reichsbeamten beigelegt worden:
a) den Reichstagsbeamten. Reichsbeamtengesetz $& 156,
b) den Beamten der Reichsbank. Gesetz vom 14. März 1875, 8 28.
4. Auf Personen des Soldatenstandes findet das Reichsbeamten-
gesetz keine Anwendung, ausgenommen die in den $ 134—148 enthal-
tenen Bestimmungen über Defekte‘). Obwohl Offiziere dem allgemei-
nen Begriff eines Staatsbeamten sich unterordnen, so ist es doch in
der militärischen Disziplin und der Organisation des Heeres begründet,
daß das dienstliche Verhältnis der Offiziere und Unteroffiziere anderen
Regeln unterworfen ist, wie dasjenige der Zivil- und Militärbeamten.
9. Ueber die els.-lothr. Landesbeamten siehe unten $ 68, über die
Schutzgebietsbeamten 8 70.
8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten.
I. Die herrschende Theorie führt die Begründung des Staatsdiener-
verhältnisses auf einen einseitigen Akt des Staats zurück. Gön-
ner, Heffter, Perthes, Dahlmann an den oben angegebenen
Orten haben in konsequenter Durchführung ihrer Ansicht, daß die
Uebernahme eines Amtes eine Pflicht sei, die Anstellung eines Beamten
1) Die Motive a. a. O. sagen: Es handelt sich (im $ 1) nur um diejenigen Beam-
ten, welche in einem vom Reiche unmittelbar geleiteten Verwaltungszweige tätig sind.
2) Ebenso schon die Verordnung vom 3. Dezember 1867 (Bundesgesetzbl. S. 327).
3) Man könnte auch sagen: „landesherrliche Reichsbeamte.“
4) Vgl. das oben zitierte Erk. des Disziplinarhofes im Zentralbl. 1874, S. 145.
5) Die Bezeichnung „mittelbare Reichsbeamte* wäre an und für sich auch auf
diese Beamten anwendbar.
6) Reichsbeamtengesetz $ 157. (Siehe unten $ 48.)