448 8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten.
bei Anstellung ihrer Beamten Rechtsgeschäfte mit denselben ab? Da
unzweifelhaft das Letztere der Fall ist, so paßt die Theorie von der
lex specialis auf die mittelbaren Staatsbeamten gewiß nicht.
Man beruft sich für diese Theorie darauf, daß bei der Anstellung
eines Staatsbeamten der Regel nach kein Raum für freie Vereinbarung
der Kontrahenten sei; Obliegenheiten und Pflichten des Amtes einer-
seits und die Rechte des Beamten auf Gehalt und Pension, auf Titel
und Rang u. s. w. andererseits stünden durch objektive Regeln fest
und können nicht durch spezielle Verabredungen verändert werden;
es werde also kein Vertrag geschlossen, sondern ein ideell bereits ge-
schaffenes Amt werde dem Beamten verliehen!). Hier ist zunächst zu
entgegnen, was bereits oben ausgeführt wurde, daß die Uebertragung
eines Amtes etwas Anderes ist als die Anstellung Jemandes im Staats-
dienst; und daß es ferner doch Beamte gibt, mit welchen die ihnen
zustehenden Rechte in jedem einzelnen Falle wenigstens teilweise ver-
einbart werden. Insbesondere aber ist es für die rechtliche Natur des
Anstellungsaktes ganz unerheblich, welcher Spielraum der freien Wil-
lenseinigung über den Inhalt des Rechtsverhältnisses gegeben ist.
Wer einen Brief der Post zur Beförderung übergibt, schließt doch
sicherlich einen Vertrag mit derselben ab, und doch ist der Inhalt
dieses Vertrages nach allen Beziehungen unabänderlich festgestellt. Nur
darauf kommt es für den Begriff des Vertrages an, daß der freie über-
einstimmende Wille der Kontrahenten zum Abschluß des Rechts-
geschäftes erforderlich sei; der Inhalt des dadurch begründeten Rechts-
verhältnisses kann stereotyp und unabänderlich feststehen ?). Gerade
gegen die Theorie von der lex specialis spricht es aber, daß bei der
Anstellung jedes einzelnen Beamten besondere und eigentümliche
Grundsätze nicht aufgestellt werden dürfen, daß vielmehr Rechte und
Pflichten des Beamten objektiv feststehen und für ihre Beurteilung aus
dem Anstellungsdekret regelmäßig Nichts, aus den allgemeinen Staats-
gesetzen Alles zu entnehmen ist.
In der neuesten Literatur hat man den Ausdruck »lex specialis«
oder privilegium aufgegeben, dessenungeachtet aber vielfach die Theorie
festgehalten, daß die Anstellung durch einen einseitigen Akt des
Staatsoberhaupts erfolge, der als Verfügung oder dgl. bezeichnet wird’).
1) GönnerS. 84, 87; Hefftera..a.0.S.129, 130: „Das Amt... wird nicht
erst durch einen Vertrag, eine conventio geschaffen, es ist schon vorhanden und wird
nur jedesmal durch einen Regierungsakt bei einer neuen Anstellung für ein bestimm-
tes Individuum ins Leben gerufen.“ Vgl. ferner L. Stein, Verwaltungslehre ], 1,
S. 239 fi.
2) Wenn Bluntschlia. a. 0. S. 124, Note 5 behauptet, „daß die Anfrage, ob
jemand ein Amt annehmen würde und die Zusage desselben noch keinen Vertrag
bewirkt“, so darf man wohl fragen, warum nicht, da doch sonst Offerte und Annahme
das Zustandekommen eines Vertrages bewirken.
3) Vgl. z. Be Zorn a.a. O.; Gierke im Rechtslexikon II, S. 53 (Artikel Ge-
meindebeamte) und in Schmollers Jahrb. VII, S. 1156; Schulze, Deutsches Staats-