452 8 45. Die Anstellung der Reichsbeamten.
Behörde an den Beamten genügend'!). Die Ausstellung einer schrift-
lichen Erklärung des Beamten über seinen Eintritt in den Reichsdienst
findet nicht statt. Der Vertrag wird vielmehr abgeschlossen durch
die Aushändigung der Anstellungsurkunde, d.h. durch die vorbehaltslose
Annahme derselben seitens des Beamten). Korrespondenzen über
den Eintritt in den Reichsdienst und über die Bedingungen desselben,
welche zwischen dem anzustellenden Beamten und der zuständigen
Reichsbehörde stattgefunden haben, sind lediglich Vorverhandlungen
und begründen niemals einen rechtlichen Anspruch weder für die
Reichsregierung auf Uebernahme des Amtes, noch für den Beamten
auf Anstellung. Erst mit der Ausstellung und der Annahme der Be-
stallung wird der Vertrag perfekt. Auch kann vor dem Empfang der
Bestallung das Dienstverhältnis durch tatsächliche Erfüllung, d. h. durch
den Eintritt des Beamten in die Amtstätigkeit und die Annahme der-
selben seitens der zuständigen Behörde erfolgen, da hierdurch der
beiderseitige Vertragswille inkonkludenter Weise erklärt wird).
4. Die Wirkungen des Vertrages beginnen im allgemeinen mit
dem Moment der Perfektion des Vertrages; also mit dem Em-
pfange des Anstellungsdekretes oder dem tatsäch-
lichen Eintritt des Beamten in den Dienst*). Von diesem Zeit-
1) Motive S. 31.
2) Diese Form der Vertragsabschließung ist dem deutschen Recht seit den frü-
hesten Zeiten bekannt, vgl. Brunner, Zeitschr. f. Handelsr. Bd. 22, S. 525 fg., 548 fg.
und derselbe, Zur Rechtsgesch. der röm. u. german. Urkunde, Berlin 1880, S. 260 fg.
Insbesondere vertrat die Uebergabe und Empfangnahme der Urkunde die Investitur,
wie Brunnera.a. 0. nachgewiesen hat, was bei dem historischen Zusammenhang
des Beamtenrechts mit dem Lehnrecht von Bedeutung ist. Auch im heutigen Recht
ist diese Form des Vertragsabschlusses eine weit verbreitete; man denke nur an die
„Begebung“ des Wechsels und anderer Ordrepapiere. Es ist daher völlig unbe-
gründet, wenn einzelne Schriftsteller, z. B. Zorn], S. 807; MeyerS$ 145, Ziff. lin
dieser Form einen Beweis dafür finden wollen, daß die Anstellung ein einseitiger
Staatsakt sei. Vgl. auch oben S. 166 ff. und Rehm a. a. O.S. 142; PieperS. 19.
Es ist nicht notwendig, daß die Bestallung oder das Patent in solenner Ausferti-
gung, wo eine solche üblich ist, dem Beamten ausgehändigt wird; es genügt eine
schriftliche Eröffnung der zuständigen Behörde an den Beamten über seine Anstellung.
Erkenntnis des Reichsgerichts vom 7. Februar 1887 bei Bolze, Praxis des Reichs-
gerichts Bd. 4, Nr. 1020.
3) In diesem Falle können aber Zweifel entstehen, ob es sich um eine öffentlich-
rechtliche Anstellung oder eine privatrechtliche Annahme und Leistung von Diensten
handelt. Die Entscheidung dieser Frage hängt von der Art der geleisteten Dienste
ab; wenn sie einen obrigkeitlichen Charakter haben oder nur von einem Beamten
mit rechtlicher Wirkung geleistet werden Können, so liegt in der Annahme dieser
Dienste seitens der zuständigen vorgesetzten Behörde die Anstellung; anders wenn
es sich um mechanische Verrichtungen, Schreiberdienste u. dgl. handelt. Vgl. das
Urt. des Reichsgerichts in Strafsachen v. 10. Nov. 1887. Entsch. Bd. 16, S. 378 ff.
4) Bei der Anstellung von Beamten verzögert sich bisweilen die Ausfertigung
und Einhändigung der Bestallung einige Zeit nach dem wirklich erfolgten Dienst-
eintritt; für den Beginn des Dienstverhältnisses ist daher maßgebend, wenn der Em-
pfang der Bestallung und der tatsächliche Eintritt in den Dienst zeitlich nicht zu-