8 48. Die Rechtsfolgen der Pflichtverletzung. 477
fehls eine amtliche Handlung vornimmt oder unterläßt, haftet dem-
nach, wie oben ausgeführt worden ist, für die formelle Gesetz-
mäßigkeit seines Verhaltens. Der dienstliche Befehl befreit ihn von
dieser Haftung nicht.
Der $ 13 erkennt aber außerdem positiv an, ganz abgesehen davon,
ob der Beamte auf Grund eines Befehls oder aus eigener Initiative
gehandelt hat, daß eine Ungesetzmäßigkeit eines Beamten stets
von ihm vertreten werden muß, gleichviel, ob der Beamte mit dem
Bewußtsein der Ungesetzmäßigkeit (dolo) gehandelt hat oder sich dar-
über im Irrtum befand. Ein Irrtum über die Ungesetzmäßigkeit seines
amtlichen Verhaltens ist stets ein unentschuldbarer und gilt als ein
von ihm zu vertretendes Versehen.
Dies findet seine volle Bestätigung durch die Fassung des & 154,
welcher die Erhebung von Vermögensansprüchen gegen Reichsbeamte
»wegen Ueberschreitung ihrer amtlichen Befugnisse oder pflichtwidriger
Unterlassung von Amtshandlungen« als zulässig voraussetzt.
b) Die Pflichtwidrigkeit des Beamten braucht aber nicht notwendig
eine Gesetzwidrigkeit zu sein; sie kann auch in einer Verletzung der
ihm obliegenden Sorgfalt bestehen, insbesondere in einem tech-
nischen Fehler'). Inwieweit der Beamte für solche Versehen
haftet, hat das Reichsgesetz nicht bestimmt. Es fanden daher gemäß
& 19 des Reichsbeamtengesetzes die Grundsätze der Partikularrechte
Anwendung. An die Stelle dieser landesgesetzlichen Bestimmungen
sind jetzt diejenigen des Bürgerlichen Gesetzbuches getreten. Nach
& 859 Abs. 1 haftet der Beamte für Vorsatz und Fahrlässigkeit, welche
& 276 als die Außerachtlassung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt
definiert. Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so haftet
er nur subsidiär; d. h. wenn der Verletzte nicht auf andere Weise
Ersatz zu erlangen vermag. Die Unterscheidung zwischen den ver-
schiedenen Graden der culpa besteht nicht mehr’). Voraussetzung
der Haftung ist aber ein Verschulden des Beamten, hat er daher
auf Befehl seines Vorgesetzten oder in genauer Befolgung der ihm er-
teilten Instruktion gehandelt, so trifft die Verantwortlichkeit nicht ihn,
sondern denjenigen Beamten, welcher den Befehl oder die Instruktion
erteilt hat; denn der Beamte muß diesem Befehle, wofern er kein gesetz-
widriger ist, gehorchen; er ist daher in diesem Falle niemals in culpa.
c) Das Reichsbeamtengesetz hat keine Bestimmungen darüber ge-
1) Z. B. Unachtsamkeit bei der Aufbewahrung von Urkunden oder Akten oder
bei dem Verschluß der Amtslokale, technische Fehler bei Bauten, beim Betriebe der
Eisenbahn, ‘Post oder Telegraphie u. dgl. Vgl. den Fall in den Entscheidungen des
Reichsgerichts Bd. 23, S. 326.
2) Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Verletzte vorsätzlich oder fahrlässig
unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. 8 839,
Abs. 3. Bei der Urteilsfällung in einer Rechtssache ist die Verantwortlichkeit des
Beamten auf den Fall beschränkt, daß ihm eine mit Öffentlicher Strafe bedrohte
Pflichtwidrigkeit zur Last fällt. 8 839, Abs. 2.