8 50. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche. 513
8 50. Die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche.
Ueber vermögensrechtliche Ansprüche der Reichsbeamten aus ihrem
Dienstverhältnis findet der Rechtsweg statt’).
Wegen dieses Rechtssatzes wird sehr häufig das Staatsdienerver-
hältnis als ein gemischtes, d. h. teils öffentlich-rechtliches, teils privat-
rechtliches bezeichnet’). Es beruht dies auf einer Verwechslung von
klagbaren Ansprüchen mit zivilrechtlichen’). Wenn man aber auch
der erwähnten Auffassung beistimmt, so ist damit ein positiver Rechts-
satz nicht gewonnen. Denn es ist sicher, daß der vermögensrechtliche
Anspruch der Beamten sich nicht nach den Regeln irgend eines im
Privatrecht normierten kontraktlichen oder quasikontraktlichen Rechts-
verhältnisses beurteilen läßt; daß er vielmehr seinen Rechtsgrund in
dem öffentlich-rechtlichen, durch den Anstellungsvertrag begründeten
Rechtsverhältnis hat und aus ihm seinen Inhalt empfängt. Die Frage
reduziert sich im letzten Grunde auf einen Schulstreit über die richtige
Definition des Gegensatzes von öffentlichem Recht und Privatrecht und
ist praktisch nicht von Belang.
Andererseits haben manche deutsche Partikularrechte für die Gel-
tendmachung der vermögensrechtlichen Ansprüche der Staatsdiener
den Rechtsweg ausgeschlossen, weil das Rechtsverhältnis kein privat-
rechtliches sei. Auch dies ist nicht schlüssig; denn aus öffentlich-recht-
lichen Verhältnissen können subjektive Rechte hervorgehen, welche
im .Wege des Prozesses geltend gemacht und geschützt werden können.
Daß der Staat gegen den Beamten keine Klage auf Erfüllung der
Dienstpflicht hat, ist kein Grund, dem Beamten die Klage gegen den
Staat auf Erfüllung seiner pekuniären Verpflichtungen zu versagen.
Denn der Staat hat zum Ersatz seiner Klage die Disziplinargewalt.
Ueber die prozessualische Geltendmachung der vermögensrecht-
lichen Ansprüche hat das Reichsgesetz folgende Regeln aufgestellt:
1) Reichsbeamtengesetz 8 149.
2) Vgl. z. B. Heffter S. 131; Pfeiffer, Prakt. Ausführungen II, S. 352 £f.;
Welcker, Staatslexikon Bd. 12, S. 300; ZöpflIL,$ 514 (S. 776); Zachariäll,
8 135; v. Gerber, Grundz. $ 386. Note 11; v. Pözl im Staatswörterbuch IX, S. 689
und Verfassungsrecht 8 198, Nr. 3 (S. 494); Schulze, Preuß. Staatsrecht I, S. 316;
Deutsches Staatsrecht I, S. 338; besonders Rehm in Hirths Annalen 1885, S. 104 ff.,
171f.; G. Meyer, Staatsrecht 8 143, Note 19 u. a.; vgl. dagegen Löning, Ver-
waltungsrecht S. 132, Note 7; Gareis, Allg. Staatsrecht S. 164; Jellinek S. 181fg.;
Entscheidangen des Reichsoberhandelsgerichts Bd. 21,8. 53. In
der Entscheidung des Reichsgerichts Bd. 12, S. 72 wird jedoch die Unterscheidung
„zwischen dem privatrechtlichen und dem staatsrechtlichen Teile des Dienstverhält-
nisses für theoretisch richtig“ erklärt. Die richtige Ansicht wird zutreffend entwickelt
von Wach, Handbuch des Zivilprozesses I, S. 95fg. (1885) und von Seydel, Bayer.
Staatsr. II, S. 185, 238; Piloty in Seufferts Blättern f. Rechtsanwendung 1907, S. 803 ff.
Sie ist jetzt wohl als die herrschende zu bezeichnen.
3) Vgl. Eccius.a. a. O. (8 141, Note 13); Meves im Rechtslexikon, s. v. Ge-
haltsansprüche.