Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

106 $ 73. Das Post- und Telegraphenwesen. 
ministrativen Anordnungen ersetzt, dem in Bayern und Württemberg 
das Recht der Landesregierungen zur Leitung der Post- und Tele- 
graphenverwaltung entspricht. Die Wirksamkeit des Bundesrates be- 
schränkt sich daher, soweit nicht die Form der Gesetzgebung für 
Verwaltungsvorschriften und Einrichtungen Verwendung findet, vor- 
züglich auf diejenigen Post- und Telegraphenangelegenheiten, welche 
andere Verwaltungszweige, z. B. Eisenbahnen, Militärwesen, Zoll- 
wesen, Arbeiterversicherung usw. mit berühren, und auf diejenigen 
Gegenstände, welche für alle drei Postverwaltungen gemeinsam ge- 
regelt werden müssen, insbesondere auf den Wechselverkehr. Anstatt 
eines Bundesratsbeschlusses ist in den zuletzt erwähnten Angelegen- 
heiten aber auch ein vertragsmäßiges Abkommen zwischen den drei 
Verwaltungen zulässig. Im Bundesrat besteht ein dauernder Ausschuß 
für Eisenbahnen, Post und Telegraphen. 
3. Die Beamten der Reichspost- und Telegraphenverwaltung sind 
verpflichtet, den kaiserlichen Anordnungen Folge zu leisten. Die An- 
ordnungen des Kaisers werden in seinem Aufirage und Vertretung von den 
von ihm bestellten Behörden nach Maßgabe ihrer Stellung im Behörden- 
system erlassen. Diese Behörden haben die Pflicht und das Recht, 
dafür zu sorgen, daß Einheit in der Organisation der Verwaltung und 
im Betriebe des Dienstes hergestellt und erhalten wird'). Eine Zu- 
sammenstellung der bestehenden Dienstvorschriften enthält die All- 
gemeine Dienstanweisung für Post und Telegraphie?). 
Auf die Beamten der Reichspost- und Telegraphenverwaltung findet 
das Reichsbeamtengesetz Anwendung, nach den Vorschriften dieses 
Gesetzes bestimmen sich daher die Rechtsfolgen einer Verletzung der 
Dienstpflicht. Durch besondere strafrechtliche Sätze ist die Erfül- 
lung der Dienstpflicht der Post- und Telegraphenbeamten im allge- 
meinen nicht geschützt, abgesehen von den Strafen, welche auf Ver- 
letzung des Briefgeheimnisses und Unterdrückung der der Post an- 
vertrauten Briefe oder Pakete und Telegramme gesetzt sind ?). Eine 
bedeutsame Ausnahme besteht jedoch hinsichtlich einiger Klassen von 
Telegraphenbeamten. Denn Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geld- 
strafe bis zu 900 Mark ist gegen die zur Beaufsichtigung und Bedienung 
der Telegraphenanstalten und ihrer Zubehörungen angestellten Per- 
sonen ‘) angedroht, wenn sie durch Vernachlässigung der 
— 
  
1) Reichsverfassung Art. 50. 
2) Die Verfügungen, Bescheide und für den Dienst erheblichen Mitteilungen 
werden veröffentlicht indem Amtsblatt der Reichspost- und Telegra- 
phenverwaltung. Berlin, Decker. Redigiert im Reichspostamt. Bis 1875 inkl. 
bestand für jede der beiden Verwaltungen ein besonderes Amtsblatt. Ueber die Ab- 
fassung der preuß. Postdienstinstruktion von 1854, welche die Grundlage der spä- 
teren, mehrfach neuredigierten „Allgemeinen Dienstanweisung für Post 
und Telegraphie* bildet, vgl. Stephana.a. O.S. 715fg. 
3) Reichsstrafgesetzbuch $ 354, 355. Vgl. oben S. 64 fg. 
4) Also nicht bloß gegen die Beamten der Reichstelegraphie resp. der bayerischen
	        
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