Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

126 & 74. Das Eisenbahnwesen. 
wird bestätigt durch zwei Sätze, welche im Art. 45 der Reichsverfas- 
sung dem an die Spitze gestellten Grundsatz zur Erläuterung und 
näherer Bestimmung hinzugefügt worden sind. Diese beiden Sätze 
sind folgende: 
1. »Das Reich wird namentlich dahin wirken, daß baldigst 
aufallen deutschen Eisenbahnen übereinstimmende Betriebs- 
reglements eingeführt werden.« Zum Verständnis dieser Bestim- 
mung ist zunächst daran zu erinnern (siehe S. 119, Anm. 1), daß nach 
dem zur Zeit der Abfassung der Reichsverfassung in Uebung gewesenen 
Sprachgebrauch das Betriebsreglement keineswegs, wie man erwarten 
sollte, den Betrieb regelte, sondern die Transportbedingungen fest- 
setzte und zwar gerade mit Ausnahme der Tarife. Das Betriebsregle- 
ment hatte daher ebensowenig eine Beziehung auf den Betrieb des 
Eisenbahndienstes, was sein Wortlaut sagt, wie auf die Tarife, d.h. 
die Höhe der Frachtsätze, was man nach der Erwähnung desselben 
im Art. 45 der Reichsverfassung erwarten sollte, da derselbe die Kon- 
trolle über das Tarifwesen behandelt. Zwischen dem Inhalt des Be- 
triebsreglements und den Tarifen besteht nur insofern ein enger ju- 
ristischer und tatsächlicher Zusammenhang, als auch die Tarife zu 
den Vertragsbedingungen gehören, unter welchen die Eisenbahnbe- 
triebsunternehmer Transportgeschäfte abschließen. Daß diese Bedin- 
gungen auf allen deutschen Bahnen, und womöglich darüber hinaus 
auf allen Bahnen des Kontinents, einen möglichst übereinstimmenden 
Inhalt haben, liegt ebensowohl im Interesse des Verkehrs und der 
Rechtssicherheit als im Interesse der Eisenbahnverwaltungen. Die 
letzteren einigten sich schon frühzeitig für den sogenannten Verbands- 
verkehr zu gemeinsamen Reglements und vereinbarten durch Ver- 
mittlung des Vereins deutscher Eisenbahnverwaltungen schon im Jahre 
1850 ein Güterverkehrsreglement, dessen Bestimmungen auch von an- 
deren Verwaltungen angenommen und in Kraft gesetzt wurden. Recht- 
lich aber bestand die Befugnis jeder einzelnen Verwaltung, sowohl aus 
dem Verein auszuscheiden als auch willkürlich Abänderungen des 
Reglements vorzunehmen. Durch den Art. 45 der Norddeutschen 
Bundesverfassung sollte dem Norddeutschen Bunde die Aufgabe zuge- 
wiesen werden, die Einheitlichkeit der Verkehrsvorschriften auf allen 
norddeutschen Eisenbahnen, soweit dies noch erforderlich war, her- 
beizuführen und ihre Aufrechterhaltung zu sichern; durch die Reichs- 
verfassung wurde diese Zuständigkeit erweitert auf die süddeutschen 
Staaten mit Ausnahme Bayerns. Mit welchen Mitteln aber das 
Reich »wirken« soll, wird nicht gesagt; das Recht, den Eisenbahnver- 
waltungen ein Betriebsreglement vorzuschreiben, ist dem Reiche 
nicht beigelegt, insbesondere auch nicht dem Bundesrat'!.. Während 
und derselbe in Holtzendorffs Jahrb. IV (1876), S. 266 ff.; Eger II, S. 246 ff.; Kiefer, 
Aufsichtsrecht des Reichs S. 103 ff. 
1) Aus den Verhandlungen des verfassungsberat. Reichstages ergibt sich dies
	        
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