12 & 72. Die Konsulate.
das Interesse auch nur eines Bundesstaates geboten ist. Es folgt
dies aus dem im Art. 3, Abs. 6 der Reichsverfassung ausgesprochenen
Grundsatz, daß dem Auslande gegenüber alle Deutschen gleichmäßig
Anspruch auf den Schutz des Reiches haben, und ist ausdrücklich an-
erkannt worden in den Bündnisverträgen des Norddeutschen Bundes
mit den süddeutschen Staaten).
II. Amtsgeschäfte.
Konsuln können im allgemeinen ebensowenig wie Gesandte obrig-
keitliche Befugnisse ausüben, da auch ihre Wirksamkeit außerhalb
des Herrschaftsgebietes des Reiches sich vollzieht. Sie sind vielmehr
im wesentlichen darauf angewiesen, als Ratgeber und Vertreter der
Reichsangehörigen die Interessen derselben wahrzunehmen und mit
ihrer Kenntnis des am Ort ihrer Tätigkeit geltenden Rechts, der Be-
hördenverfassung, der Sprache, Sitten und Lebensverhältnisse den
Reichsangehörigen, welche als Fremde mit diesen Dingen nicht ver-
traut zu sein pflegen, behilflich zu sein; ferner die Beobachtung völ-
kerrechtlicher Verträge, welche das Reich oder die Gliedstaaten des-
selben abgeschlossen haben, zu überwachen; Hilfsbedürftige im Not-
falle zu unterstützen; endlich die Reichsregierung durch Berichte von
allem in Kenntnis zu erhalten, was die Interessen des Reiches, na-
inentlich in bezug auf Handel, Verkehr und Schiffahrt, betrifft 2).
Diese Tätigkeit ist ihrer Natur nach durch Rechtssätze nicht ge-
regelt, da sie eine Ausübung von Rechten gar nicht in sich schließt,
sondern nur durch Verwaltungsvorschriften °); sie findet ihre Schranken
in den Gesetzen und Gewohnheiten des Landes, in welchem die Kon-
suln fungieren und unter deren Herrschaft sie ihre Tätigkeit entfal-
ten*). Indes wird den amtlichen Handlungen der Reichskonsuln teils
1) Badisch-hessischer Vertrag Nr.6. Württemberg. Vertrag Nr. le.
Bayer. SchlußprotokollXlIJ, Abs.2. „Ferner wurde die Zusicherung gegeben,
daß Bundeskonsuln an auswärtigen Orten auch dann aufgestellt werden sollen, wenn
es nur das Interesse eines einzelnen Bundesstaates als wünschenswert erscheinen läßt,
daß dies geschehe.“ — Ueber das Recht der Einzelstaaten, den von auswärtigen Staa-
ten bestellten Konsuln für ihr Gebiet das Exequatur zu erteilen, vgl. Bd. 1, $21a.E.
und Thudichum in v. Holtzendorffs Jahrbuch IV (1876), S. 346.
2) Konsulatsgesetz 8 1. Es versteht sich von selbst, daß auch da, wo sie als
Ratgeber und Helfer von Reichsangehörigen wirken, ihre Tätigkeit eine amtliche
ist, die durch ihre Dienstpflicht und ihr Beamtenverhältnis getragen wird, durch Ge-
setze und Instruktionen normiert ist, und für welche sie nach Beamtenrecht verant-
wortlich sind. Die „prinzipielle Erörterung“ von Zorn in der Kritischen Viertel-
jahrsschrift N. F. II, S. 534, und Hirths Annalen S. 411, welche darauf hinauskommt,
daß dieKonsulnim wesentlichen nicht Ratgeber, sondern Beamte sind, beruht
daher auf einem willkürlich erfundenen Gegensatz, der in Wirklichkeit nicht existiert.
3) Dies schließt nicht aus, dais diese Vorschriften in der Form des Gesetzes
erlassen werden, was z. T. in dem Konsulatsgesetz geschehen ist.
4) Konsulatsgesetz 8 1 a. E. „Sie müssen ... die durch die Gesetze und die
Gewohnheiten ihres Amtsbezirkes gebotenen Schranken einhalten.“