Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

178 8 76. Das Münzwesen. 
zu befinden hätte, ob er eine ausländische Münze annehmen oder 
zurückweisen und zu welchem Betrage er sie annehmen wolle Es 
bedarf vielmehr hierüber einer allgemeinen Instruktion. Der Erlaß 
von Verwaltungsvorschriften, durch welche die Annahme gewisser 
ausländischer Münzen den Reichs- und Landeskassen gestattet und der 
Kurs dieser Münzen festgesetzt wird, ist nun ebenfalls den Einzel- 
staaten entzogen und ausschließlich dem Bundesrat vorbehalten, damit 
in den Gebieten sämtlicher Bundesstaaten und bei allen öffentlichen 
Kassen, sowohl denen des Reiches als der Einzelstaaten, ein überein- 
stimmendes Verfahren befolgt werde!). 
5. Die Beseitigung der Landeswährungen hatte die Einlösung 
der in diesen Währungen ausgeprägten Münzen zur Folge. In recht- 
licher Beziehung besteht aber zwischen der Außerkurssetzung und der 
Einlösung von Münzen ein erheblicher Unterschied; es ist nicht not- 
wendig, daß beide Maßregeln immer miteinander verbunden sind. Eine 
Einlösung kann auch erfolgen ohne Außerkurssetzung dadurch, daß die 
öffentlichen Kassen eingehende Stücke nicht wieder ausgeben und die 
ihnen präsentierten Stücke umtauschen, z. B. wegen fehlerhafter oder 
häßlicher Prägung; und ebenso kann eine Außerkurssetzung erfolgen 
ohne Einlösung. Während die Außerkurssetzung ein Gesetzgebungsakt, 
eine Betätigung der Staatsgewalt ist, kommt in der Einlösung kein 
staatliches Hoheitsrecht zur Anwendung, sie ist vielmehr ein Geschäft 
des Privatrechts, die Erfüllung einer vermögensrechtlichen Ver- 
pflichtung des Fiskus. Sie hat ihr Analogon in der Pflicht desjenigen, 
der Inhaberpapiere ausgegeben hat, dieselben einzulösen. Der Staat, 
welcher Münzen prägt und mit der rechtlichen Eigenschaft des Geldes 
versieht, gibt dieselben nicht nach ihrem Metallwerte aus, sondern nach 
ihrem G eld werte, d.h. gesetzlich fixierten Zahlungs wert?) Durch 
die Außerkurssetzung entzieht er ihnen den letzteren für den allge- 
meinen Verkehr; dadurch entsteht für ihn die Verpflichtung, sie zu dem 
gesetzlichen Zahlungswerte (Geldwert) zurückzunehmen, d.h. sie gegen 
Münzen der neuen oder in Geltung erhaltenen Währung von gleichem 
Geldbetrage umzutauschen. Die Einlösungspflicht besteht daher für 
jeden Staat nur hinsichtlich der von ihm ausgegebenen Münzen, wäh- 
rend die Außerkurssetzung auch Münzen fremden Gepräges betreffen 
kann. Sie erstreckt sich ferner auf die durch den gewöhnlichen Um- 
1) Münzgesetz $ 14, Ziff. 4. Der Bundesrat hat zu bestimmen, ob und zu wel- 
chem Kurse gewisse ausländische Münzen in Zahlung genommen werden 
dürfen. Dadurch ist es also nicht ausgeschlossen, daß die Bundesregierungen den 
Staatskassen einen Dienstbefehl erteilen, die vonı Bundesrat nicht ausdrücklich zu- 
gelassenen Münzen zurückzuweisen. So z.B. ein Erlaf5 des Württemb. Finanz- 
ministeriums vom 14. März 1888 hinsichtlich ausländischer Goldmünzen, den Herr 
Oberrechnungsrat Widenmeyer in Stuttgart mir mitzuteilen die Güte hatte. Das In- 
teresse des Reichs an der Aufrechterhaltung seiner Münzverfassung kann nur durch 
Zulassung, niemals durch Zurückweisung ausländischer Münzen gefährdet werden. 
2) Derselbe kann verschieden sein von ihrem Metallwerte. Siehe oben S. 170.
	        
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