190 8 76. Das Münzwesen.
sondern auch von der Reichshauptkasse für Rechnung des Reiches
jederzeit auf Erfordern gegen bares Geld eingelöst’) Sie
enthalten also ein Schuldversprechen, welches durch Geldzahlung er-
füllt werden muß; folglich können sie selbst nicht Geld sein ?).
Die Ausfertigung der Reichskassenscheine ist der »Reichsschulden-
verwaltung« übertragen °); die Kontrolle über die Ausfertigung und
Ausgabe der Reichskassenscheine übt die »Reichsschuldenkommis-
sion« ®).
Die Reichskassenscheine sind an die einzelnen Bundesstaaten nach
Maßgabe der Bevölkerung verteilt worden; an diejenigen, welche Pa-
piergeld (oder Geldpapiere) in Umlauf gesetzt hatten, mit der Ver-
pflichtung, die Reichskassenscheine zur Einziehung des Staatspapier-
geldes zu verwenden ’).
Die unbefugte Anfertigung und Feilhaltung von Papier, welches
dem zur Herstellung von Reichskassenscheinen verwendeten gleicht
oder so ähnlich ist, daß die Verschiedenheit nur durch Anwendung
besonderer Aufmerksamkeit wahrgenommen werden kann, ist durch
das Reichsgesetz vom 26. Mai 1885 (Reichsgesetzbl. S. 165) verboten
und mit Strafe bedroht.
V. Die Reichsbanknoten.
Die Bankgesetznovelle vom 1. Juni 1909 (Reichsgesetzbl. S. 515)
bestimmt im Art. 3: »Die Noten der Reichsbank sind gesetzliches
Zahlungsmittel.« Die Vorschrift des Bankgesetzes 8 18, daß die Reichs-
bank verpflichtet ist, ihre Noten gegen deutsche Goldmünzen einzu-
lösen, ist davon unberührt geblieben. Hiernach haben die Reichsbank-
noten zwar einen sogenannten Zwangskurs erhalten, aber sie sind ge-
mäß den oben S. 157 gemachten Ausführungen doch kein echtes
und vollkommenes Geld, sondern Geldpapiere; denn sie sind Urkun-
den über eine Geldforderung an die Reichsbank, welche diese
dem Inhaber bei Sicht auszuzahlen hat‘). Die Uebertragung dieser
1) A.a. 0O.$ 5, Abs. 1. Sie haben einen sog. „Kassenkurs“.
2) Die Scheidemünzen stehen zwischen wahrem Gelde und Reichskassen-
scheinen in der Mitte. Bei Zahlungen bis zu einem gewissen Betrage haben sie die
rechtlichen Eigenschaften des Geldes, darüber hinaus nicht. Sie sind unvoll-
kommenes Geld. Soweit sie als Geld nicht Verwendung finden können, sind sie
wie die Reichskassenscheine von dem Reiche gegen vollgültiges Geld einzulösen.
Vgl. oben S. 179. Sie enthalten also zugleich ein eventuelles Zahlungsversprechen
des Reiches; sie sind „metallene Geldpapiere“, die in gewissen Grenzen vom Reich
mit der rechtlichen Eigenschaft des Geldes versehen worden sind.
3) Gesetz vom 30. April 1874, S 6. Vgl. Bd. 1, S. 406 ff.
4) $ 7, Abs. 2 ebendaselbst. Vgl. Bd. 1, S. 407 fg.
5) 83 und $ 4 ebendaselbst. Diese Vorschriften enthalten keine Rechtssätze,
welche die Emission von Papiergeld betreffen, sondern volkswirtschaftliche und staats-
wirtschaftliche Maßregeln. Die Reichskassenscheine lauten über 5 und 10 M. (Reichs-
gesetz vom 5. Juni 1%6. Reichsgesetzbl. S. 730).
6) Während die Reichsbank ihre Noten überall im Reich ausgeben kann, ist ihre
Einlösungspflicht nur an ihrer Hauptkasse in Berlin eine unbedingte. Siehe oben S. 159.