8 72. Die Konsulate. 17
Es ist ferner erforderlich, daß die Erteilung dieser Befugnis amt-
lich bekannt gemacht wird. Denn da die Rechtsgültigkeit der Ehe und
die Beweiskraft der Geburts- und Todesatteste von dieser Ermächtigung
abhängig ist, so muß das Vorhandensein derselben allgemein erkenn-
bar sein !).
Die Ermächtigung wird nicht den Konsulaten, sondern den
Konsuln persönlich erteilt. Der Stellvertreter eines abwesenden
oder verhinderten Konsuls darf daher Akte der Standesbeamien nur
dann vornehmen, wenn er vom Reichskanzler die Ermächtigung dazu
erhalten hat?).
Der ermächtigte Konsul darf standesamtliche Beurkundungen nur
innerhalb seines Amtsbezirks vornehmen; er darf nur solche Geburts-
und Sterbefälle beurkunden, welche sich innerhalb seines Amtsbezirks
ereignet haben, und er darf Eheschließungen nur unter Reichsange-
hörigen vornehmen, welche sich in seinem Amtsbezirk aufhalten?).
Eine Verpflichtung der Reichsangehörigen, die Tätigkeit des Kon-
suls zu Eheschließungen oder standesamtlichen Beurkundungen in
Anspruch zu nehmen, besteht, abgesehen von den Konsulargerichts-
bezirken, nicht.
b) BefugnissederSeemannsämter.
Im Auslande versehen die Konsulate des Deutschen Reiches die
Funktionen der Seemannsämter*). Ihre Befugnisse erstrecken sich in
dieser Eigenschaft auf alle Kauffahrteischiffe, welche das Recht,
die Reichsflagge zu führen, ausüben dürfen’), und auf die Führer und
Mannschaft dieser Schiffe ohne Rücksicht auf die Reichsangehörigkeit.
In ihrer Eigenschaft als Seemannsämter liegt den Konsulaten die An-
musterung und die Ausfertigung der Musterrolle®) sowie die Abmuste-
rung, die Vermerkung derselben in dem Seefahrtsbuche und in der
Musterrolle, und eventuell die Uebersendung der Musterrolle an das See-
mannsamt des Heimatshafens ob’). Schiffer und Schiffsleute sind ver-
pflichtet, sich zum Zwecke der Anmusterungs- und Abmusterungs-
verhandlung in dem Konsulate zu stellen, und die Erfüllung dieser
1) Die Veröffentlichung ist bis 1872 im Reichsgesetzblatt erfolgt; seit 1873 ge-
schieht sie vermittelst des Zentralblattes für das Deutsche Reich.
2)v. König S. 38.
3) Ein dauernder Wohnsitz innerhalb des Amtsbezirks des Konsuls ist nicht
erforderlich. Erl. des Ausw. Amts v. 28. März 1894 bei v. König S. 226.
4) Seemannsordnung vom 2. Juni 1902, $ 5, Abs. 1 (Reichsgesetzbl. S. 176). Durch
dieses Gesetz hat der $ 32 des Konsulatsgesetzes teils einen fester bestimmten, teils
einen sehr erweiterten Inhalt bekommen.
5) Die Vorschriften darüber enthält jetzt das Gesetz vom 22. Juni 1899 (Reichs-
gesetzbl. S. 319).
6) Seemannsordnung 8 7, 13, 14. Vgl. v. König, S. 522ff.
7) Seemannsordnung 8 18, 21, 24, Abs. 2. Die näheren Vorschriften über das von
den Konsuln bei der Musterung inne zu haltende Verfahren gibt die Nachtragsin-
struktion vom 22. Februar 1873 zu $ 32 des Konsulatsgesetzes.