Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 78. Die Gewerbepolizei. 209 
gesetze hinsichtlich des Gewerbebetriebes der juristischen Personen 
des Auslandes'!), sowie diejenigen Beschränkungen, welche in betreff 
des Gewerbebetriebes für Personen des Soldaten- und Beamtenstandes, 
sowie deren Angehörige bestehen ?).. Die Gewerbeordnung hat ferner 
nichts geändert in denjenigen Beschränkungen des Betriebes einzelner 
Gewerbe, welche auf den Zoll-, Steuer- und Postgesetzen beruhen ?). 
Unter den hier genannten Gesetzen kommen die Zoll- und Postgesetze 
nicht in Betracht, weil sie der Autonomie der Einzelstaaten entzogen 
sind, wohl aber die Steuergesetze‘). Endlich hat die Gewerbeordnung 
8 6 eine Reihe von Gewerben aufgeführt, auf welche sie keine An- 
wendung findet. Es schließt dies zwar nicht aus, daß das Reich den 
Betrieb dieser Gewerbe durch andere spezielle Gesetze regelt; solange 
dies aber nicht geschehen ist, bleiben hinsichtlich dieser Gewerbe die 
bestehenden Landesgesetze in Kraft und unterliegen der Fortbildung 
durch die Autonomie der Einzelstaaten 5). 
1) Gewerbeordnung $ 12. Abs. 1. 
2) Gewerbeordnung $ 12, Abs. 2. Diese Ausnahme bezieht sich gleichmäßig auch 
auf die reichsgesetzlichen Bestimmungen, nämlich Reichsbeamtengesetz $16 
(vgl. Bd. 1, S. 467 und die daselbst Note 3 angeführten Anordnungen der Reichsge- 
setze) und Reichsmilitärgesesetz vom 2. Mai 1874, $ 43 (Reichsgesetzbl. 
S. 56). 
3) Gewerbeordnung $ 5. 
4) Hinsichtlich der Besteuerung der Gewerbe ist indes die Autonomie der Ein- 
zelstaaten beschränkt durch das Reichsgesetz vom 22. März 1909 (Reichsgesetzbl. 
S. 329), welches die Besteuerung eines Gewerbebetriebes und des aus diesem Betriebe 
herrührenden Einkommens nur demjenigen Bundesstaate gestattet, in dessen Gebiete 
das Gewerbe betrieben wird. Vgl. Bd. I, S. 188 ff. 
5) Den Begriffdes Gewerbes hat die Gewerbeordnung nicht bestimmt; 
aus den zahlreichen Erwähnungen einzelner Gewerbe, welche sie enthält, kann aber 
der ihr zugrunde liegende allgemeine Begriff durch Induktion gewonnen werden. 
Jedenfalls muß derselbe so weit gefaßt werden, daß er auch sämtliche in 8 6 er- 
wähnten Gewerbstätigkeiten mit einschließt; denn es würde sinnlos sein, die- 
selben von der Geltung der Gewerbeordnung ausdrücklich auszunehmen, wenn sie 
überhaupt nicht als Gewerbe gelten würden. Wie der Begriff des Gewerbes am 
besten zu definieren sei, darüber herrscht eine Verschiedenheit der Ansichten, welche 
auch in der Entscheidung kasuistischer Fragen sich bemerkbar macht. Vgl. Hänel, 
Staatsrecht I, S. 688fg., Seydel III, S. 394; und besonders Landmann JS. 27 ff. 
und v. Schicker, S. 2ff. Unbestritten und zweifellos ist es aber, daß die Gewerbe- 
ordnung nur auf Privatunternehmungen Anwendung findet, wenngleich dies 
im Gesetz selbst nicht ausdrücklich gesagt ist. Die Gewerbeordnung ist also nicht 
anwendbar auf diejenigen Unternehmungen des Reiches, der Bundesstaaten und der 
Gemeinden, welche „gewerbsmäfßsig“ betrieben werden, wie die Eisenbahnen, Post, 
öffentliche Banken, Gasfabriken usw. Vgl. oben S. 52fg. Ausgenommen sind jedoch 
die Vorschriften über „genehmigungspflichtige* Anlagen $ 16ff., welche ohne Unter- 
schied des Betriebsunternehmers gelten; ferner finden die Vorschriften des VII. Titels 
(Arbeiterschutzgesetz) auf die technischen Betriebsanstalten des Reichs, der Bundes- 
staaten und der Gemeinden Anwendung, was teils aus dem Wortlaut der Artikel 
selbst, teils aus der Tendenz dieses Gesetzes hervorgeht und durch 8 155, Abs. 3 be- 
stätigt wird. Vgl. Landmann II, S. 209 ff., 222 ff. Der Gewerbeordnung sind durch 
besondere reichsgesetzliche Vorschriften ausdrücklich unterstellt die Schiffsmannschaft
	        
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