$ 78. Die Gewerbepolizei. 239
erforderlichen Bestimmungen treffen !,., Die Vorschrift hat ebensowohl
eine polizeiliche als zivilrechtliche Bedeutung; die letztere besteht da-
rin, daß der Gewerbeunternehmer seinen Arbeitern für die aus der
Nichtbefolgung der Vorschrift entstehenden Beschädigungen haftet.
10. Das Verhältnis der Lehrlinge zum Lehrherrn ist in der Ge-
werbeordnung $ 126 ff. eingehend geregelt, das Verhältnis der Gesellen
und Gehilfen hinsichtlich einiger, Punkte $ 121ff.°), ebenso das Ver-
hältnis der Betriebsbeamten, Werkmeister und Techniker 8 133 a— 133.
Diese Anordnungen sind im wesentlichen privatrechtlichen
Charakters 3).
Besondere Bestimmungen sind in den Novellen vom 26. Juli 1897
und vom 30. Mai 1908 für Handwerker getroffen. In Handwerks-
betrieben dürfen nur Personen, welche das 24. Lebensjahr vollendet
und eine Meisterprüfung bestanden haben, Lehrlinge anleiten *).
Wenn solche Personen die Meisterprüfung nicht für dasjenige Gewerbe
oder denjenigen Zweig des Gewerbes, in welchem die Anleitung der
Lehrlinge erfolgen soll, bestanden haben, so dürfen sie Lehrlinge an-
weisen, wenn sie in diesem Gewerbe oder Gewerbszweige entweder
die Lehrzeit zurückgelegt und die Gesellenprüfung bestanden haben,
oder 5 Jahre hindurch persönlich das Handwerk selbständig ausgeübt
haben, oder während einer gleich langen Zeit als Werkmeister oder
in ähnlicher Stellung tätig gewesen sind, 8 129, Abs. 1. Man bezeich-
net dies als den »kleinen Befähigungsnachweis« °). Der Bundesrat ist
1) Ins Einzelne gehende Bestimmungen enthält die Gewerbeordnung $ 120a bis
120e in der Fassung der Novelle von 1891 und vom 27. Dezember 1911. Die zahl-
reichen auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen des Bundesrates und
der größeren Einzelstaaten sind in den Kommentaren zur Gewerbeordnung abgedruckt.
Zu diesen gehört die viel besprochene sogenannte Bäckereiverordnung des Bundes-
rats vom 4. März 1896 (Reichsgesetzbl. S. 55).
2) Namentlich hinsichtlich der Beendigung des Verhältnisses durch Kündigung
($ 122) durch Entlassung des Gesellen ($ 123), durch einseitigen Austritt des Gesellen
($ 124), auf Verlangen eines Teils aus wichtigen Gründen ($ 125).
3) Dem Öffentlichen Recht gehören an die Bestimmung, daß Personen, welche
sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, nicht befugt sind, Lehr-
linge zu halten oder anzuleiten ($ 126), und die Vorschriften über die Voraussetzun-
gen, unter welchen die Befugnis zum Halten und zur Anleitung von Lehrlingen ent-
zogen werden kann ($ 126a), die Anordnungen zur Verhütung übermäßiger Lehr-
lingszüchterei ($ 128), sowie die Vorschriften über die Ruhepausen und Mittagspau-
sen, welche den in offenen Verkaufsstellen und den dazu gehörenden Schreibstuben
und Lagerräumen beschäftigten Gehilfen, Lehrlingen und Arbeitern gewährt werden
müssen ($ 139 c Tg.).
4) Das allgemeine Erfordernis des $ 126, daß der Lehrherr sich im Besitze der
bürgerlichen Ehrenrechte befinden muß, bleibt davon unberührt; das gleiche gilt von
den Bestimmungen des $ 126a über die Entziehung der Befugnis zum Halten und
zur Anleitung von Lehrlingen.
5) Die höhere Verwaltungsbehörde kann nach näherer Vorschrift des 8 129,
Abs. 2 auch Personen, welche diesen Anforderungen nicht entsprechen, die Befugnis
zur Anleitung von Lehrlingen widerruflich verleihen. Ueber die Vertretung des Lehr-