Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

& 79. Der Patentschutz. 259 
wirksam; nachdem die Nichtigkeitserklärung definitiv ausgesprochen 
worden ist, können daher weder Strafen noch Entschädigungsverpflich- 
tungen wegen der vor der Nichtigkeitserklärung verübten Verletzungen 
des Patentes von den Gerichten verhängt werden !. Wird im Laufe 
eines Prozesses wegen Patentverletzung die Nichtigkeit des Patentes 
behauptet, so ist das Verfahren vorläufig auszusetzen ?). 
Die Nichtigkeitserklärung kann nur auf Antrag erfolgen; über die 
Aktivlegitimation zur Stellung eines solchen Antrages gelten dieselben 
Regeln wie über die Aktivlegitimation zur Erhebung des Einspruchs 
gegen die Patenterteilung ®). An eine bestimmte Frist ist der Antrag 
nicht geknüpft; nur wenn der Antrag darauf gestützt wird, daß die 
Erfindung nicht patentfähig war, ist die Anfechtung auf eine fünfjährige 
Frist vom Tage der über die Erteilung des Patentes erfolgten Bekannt- 
machung an beschränkt‘). Er ist schriftlich an das Patentamt zu 
richten und muß die Tatsachen enthalten, auf welche er gestützt wird °). 
Eine Zurückweisung des Antrages a limine wegen Unzulässigkeit oder 
unzulänglicher Begründung ist unstatthaft; das Patentamt muß die 
Einleitung des Verfahrens verfügen und den Patentinhaber unter Mit- 
teilung des Antrages auffordern, sich über denselben innerhalb eines 
Monats zu erklären °). 
Unterläßt der Patentinhaber die Erklärung, so kann das Patent- 
amt ohne Ladung und Anhörung der Beteiligten sofort nach dem An- 
trage entscheiden und dabei die von dem Antragsteller behaupteten 
Tatsachen für erwiesen annehmen’); das Patentamt kann aber auch, 
bevor es entscheidet, noch weitere Ermittlungen zur Aufhellung des 
Sachverhaltes veranlassen. Wenn der Patentinhaber rechtzeitig wider- 
spricht, so findet ein kontradiktorisches Verfahren statt, auf welches 
die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechende Anwendung 
finden). Die Gerichte sind verpflichtet, dem Patentamte Rechtshilfe 
1) Deshalb kann auch ein bereits erloschenes Patent für nichtig erklärt werden. 
Klostermann bei Endemann S. 333, Anm. 10; Kohler S. 233; Dahn S. 556. 
Urteil des Reichoberhandelsgerichts, Entscheidungen Bd. 25, S. 110. 
2) Kommissionsbericht von 1877, S. 43. Urteil des Reichsgerichts in Strafsachen 
Bd. 7, S. 146. 
3) Gesetz $ 28, Abs. 1 u.2. Wird die Nichtigkeitserklärung wegen Mangels der 
Neuheit gefordert, so ist die Legitimation zur Klageerhebung daher nicht durch den 
Nachweis eines besonderen Interesses bedingt. Denn jeder hat ein rechtliches Inter- 
esse daran, daß die ihm gesetzlich gewährleistete Gewerbefreiheit nicht durch ein 
zu Unrecht erteiltes Patent eingeschränkt werde. Siehe oben S. 253. Vgl. Gareis 
S. 2325 Rosenthal S. 337; Klostermann (bei Endemann) S. 348; Seligsohn 
S. 208. Abweichend Kohler S. 215. Die richtige Ansicht hat auch Anerkennung 
gefunden in dem Urteil des Reichsoberhandelsgerichts vom 27. Mai 1879. Entschei- 
dungen Bd. 25, S. 187 fg. 
4) Patentgesetz $ 28, Abs. 3. 
5) 8 28, Abs. 4. Mit dem Antrage ist eine Gebühr von 50 Mark zu zahlen; Aus- 
länder sind verpflichtet, dem Gegner Sicherheit wegen der Kosten zu stellen. 
6) A. a. 0. $ 29, Abs. 1. 7), A. a. O. 8 29, Abs. 2. 8) $ 30.
	        
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