8 80. Die Seeschiffahrt und die Wasserstraßen. 271
lästigen Privatrechtstitel beruht und nicht einem Bundesstaat zu-
steht, wird für die Aufhebung eine Entschädigung geleistet (Ges. 5 2).
Il. Zur Förderung und zum Schutz der Schiffahrt
bestehen folgende Rechtsgrundsätze :
1. Die Zuständigkeit des Reichs erstreckt sich auf die Seeschiff-
fahrtszeichen (Leuchtfeuer, Tonnen, Baken und sonstigen Tages-
marken), Reichsverfassung Art. 4, Ziff. 4 (Reichsgesetz vom 3. März
1873). In Ausübung derselben ist die Verordnung des Bundesrats über
die Bezeichnung der Fahrwasser und Untiefen in den deutschen
Küstengewässern vom 13. Mai 1912 (Reichsgesetzbl. S. 302) ergangen !}).
Die Aufsicht über die Seezeichen wird vom Marineamt geführt.
2. Das Strafgesetzbuch 8 145 ermächtigt den Kaiser, Anord-
nungen zu erlassen zur Verhütung des Zusammenstoßes
der Schiffe auf See, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zu-
sammenstoße von Schiffen auf See, sowie in betreff der Not- und
Lotsensignale für Schiffe auf See und in den Küstengewässern?). Die
Uebertretung dieser Vorschriften wird mit Geldstrafe bis zu 1500 Mk.
bestraft.
3. Die Küstenfrachtfahrt steht ausschließlich deutschen
Schiffen zu; ausländischen kann die Befugnis dazu durch Staatsver-
trag oder durch kaiserliche Verordnung mit Zustimmung des Bundes-
rats eingeräumt werden. Der unbefugte Betrieb ist strafbar’).
Verordnungen vom 1. Juli 1870 (Bundesgesetzbl. S. 314) für die Saale und Werra;
vom 19. Februar 1871 (Bundesgesetzbl. S. 31) für den Neckar; vom 13. Februar 1874
Reichsgesetzbl. S. 14) für Enz und Nagold. Die Aufhebung der Binnenschiffahrts-
abgaben in Elsaß-Lothringen durch das Gesetz vom 29. Januar 1873 (Gesetzbl.
für Elsaß-Lothringen S. 59) steht in keinem Zusammenhang mit den Vorschriften
der Reichsverfassung, die ja erst am 1. Januar 1874 in Elsaß-Lothringen in Kraft trat.
1) An Stelle der Verordnung vom 31. Juli 1887 (Reichsgesetzbl. S. 387). Die
Behauptung von Hänell, S. 632, Note 14, daß diese Verordnung „verfassungs-
widrig in der Form“ ergangen sei, ist unbegründet, denn sie enthält lediglich Ver-
waltungsvorschriften, Anweisungen für die Behörden. Ueber die Leuchtfeuer auf
Borkum und der Unterems ist mit den Niederlanden ein Vertrag vom 16. Oktober
1896 (Reichsgesetzbl. 1897, S. 603) geschlossen worden. |
2) Auf Grund des $ 145 sind ergangen die Verordnungen vom 14. August 1876
(Not- und Lootsen-Signalordnung), vom 15. August 1876, vom 7. Januar 1880, vom
29. Juli 1889 (Reichsgesetzbl. S. 171), vom 9. Mai 1897 (Reichsgesetzbl. S. 203) und
vom 10. Mai 1897 (Reichsgesetzbl. S. 215), ferner die Verordnung vom 5. Februar 1906
(Reichsgesetzbl. S. 115) zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe und die See-
straßenordnung vom gleichen Tage (Reichsgesetzbl. S. 120). Das internationale
Uebereinkommen vom 23. September 1910 (Reichsgesetzbl. 1913 S. 49) und das in-
folge desselben erlassene Gesetz vom 7. Januar 1913 (Reichsgesetzbl. S. 90) enthalten
privatrechtliche Regeln über die Tragung des Schadens, der durch das Zusammen-
stoßen von Schiffen entsteht und über die Hilfsleistung und Bergung in Seenot.
Knitschky, Das deutsche Seestraßenrecht. Im Archiv für Öffentl. Recht Bd, 7,
S. 255 ff. Leop. Perels, Seestraßenordnung, Berlin 1908.
3) Reichsgesetz vom 22. Mai 1881 (Reichsgesetzbl. S. 97). Die Staaten, denen
das Recht der Küstenschiffahrt eingeräumt worden ist, sind aufgeführt in der Be-
kanntmachung des Reichskanzlers vom 29. Dezember 1881 (Reichsgesetzbl. S. 276)