Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 82. Die Arbeiterversorgung. 287 
stimmungen geändert :und verbessert werden. Man entschloß sich 
daher zu einer zusammenfassenden Kodifikation des gesamten sozialen 
Versicherungsrechtsin einer Reichsversicherungsordnung (RVO.), welche 
wenigstens eine teilweise Beseitigung der erwähnten Mängel brachte. 
Außerdem wurde die Fürsorge erstreckt auf »Angestellte«, d. s. Perso- 
nen, welche nicht zu den »Arbeitern« und den ihnen sozial gleich- 
stehenden Klassen gehören, sondern eine höhere Stellung einnehmen, 
und diese Versicherung mußte auf anderen Grundlagen in einem be- 
sonderen Gesetze geregelt werden. 
Im einzelnen war der Gang der Gesetzgebung folgender: 
1. DieKrankenversicherung. Das grundlegende Gesetz 
war das Reichsgesetz, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter 
vom 15. Juni 1883 Reichsgesetzbl. S. 73'). Das Gesetz ist durch das 
landwirtschaftliche Unfallversicherungsgesetz vom 5. Mai 1886, 88 133 fl. 
ergänzt und durch das Reichsgesetz vom 10. April 1892 (Reichsgesetzbl. 
S. 379) und die Novellen vom 30. Juni 1900 und vom 25. Mai 1905 ab- 
geändert worden. 
2. Die Unfallversicherung ist stückweise durch verschie- 
dene Gesetze geregelt worden?) Die Grundlage bildet das für eine 
große Zahl gewerblicher Betriebe bestimmte Unfallversicherungs- 
gesetz vom 6. Juli 1884 (Reichsgesetzbl. S. 69)°). Sein Anwendungsge- 
biet wurde erweitert durch das Gesetz über die Ausdehnung der 
Unfall- und Krankenversicherung vom 28. Mai 1885 (Reichsgesetzbl. 
5.159). Darauf folgten die Gesetze über die Unfall- und Kranken- 
versicherung der in land- und forstwirtschaftlichen Be- 
trieben beschäftigten Personen vom 5. Mai 1886 (Reichsgesetzbl. S. 132) °), 
der bei Bauten beschäftigten Personen vom 11. Juli 1887 (Reichsge- 
setzbl. S. 287)°) und endlich der Seeleute vom 13. Juli 1887 (Reichs- 
gesetzbl. S. 329)®). Alle diese Gesetze erwiesen sich bei der praktischen 
Anwendung in hohem Maße als verbesserungsbedürftig; nach längeren 
Vorarbeiten und verschiedenen resultatlosen Versuchen gelangte man 
im Jahre 1900 auf Grund der inzwischen gemachten Erfahrungen zu 
einer Revision dieser gesamten Gesetzgebung, welche zwar im wesent- 
1) Entwurf mit Motiven. Drucksachen des Reichstags von 1882/83, Nr. 14. Kom- 
missionsbericht daselbst Nr. 211. Verhandlungen Stenogr. Berichte S. 199 ff.; 1966 ff., 
2466— 2655. 
2) Vgl. die eingehende Darstellung von Piloty, Reichsunfallversicherungsrecht 
Bd. I, S. 41 ff. (1890). 
3) Entwurf und Motive. Drucksachen des Reichstags 1884, Bd. I, Nr. 4. Kom- 
missionsbericht daselbst, Bd. II, Nr. 115. Verhandlungen Stenogr. Berichte S. 35 ff.; 
750 ff., 1102 ff. 
4) Entwurf und Motive. Drucksache des Reichstags 1885/86, Nr. 75. Kommis- 
sionsbericht daselbst Nr. 252. Verhandlungen Stenogr. Berichte S. 849, 1897, 1995. 
5) Entwurf. Drucksache 1886/87, Nr. 11. Kommissionsbericht daselbst, Nr. 123. 
Verhandlungen Stenogr. Berichte S. 163, 720, 758. 
6) Entwurf. Drucksache 1886/87. Nr. 6. Kommissionsbericht Nr. 163. Verhand- 
lungen Stenogr. Berichte S. 152, 1006, 1139.
	        
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