8 82. Die Arbeiterversorgung. Unfallversicherung. 325
erstreckt; wahlberechtigt sind nur diejenigen Beisitzer der Oberver-
sicherungsämter, welche Vertreter der Versicherten sind; wählbar sind
nur solche Versicherte, welche in Betrieben derjenigen Berufsgenossen-
schaft beschäftigt sind, für welche die Vorschriften erlassen werden
sollen. Wer zum Amt eines Schöffen unfähig ist, ist nicht wählbar.
Die Wahl erfolgt auf vier Jahre; die Wahlordnung ist vom Reichs-
versicherungsamt zu erlassen (88 858 ff... Die Unfallverhütungsvor-
schriften bedürfen der Genehmigung des Reichs- (eventuell Landes-)
Versicherungsamtes, welches die Erteilung derselben von Abänderungen
der beschlossenen Vorschriften abhängig machen kann ($ 864).
b) Die von den Genossenschaften erlassenen Vorschriften haben
nicht den Charakter von Polizeiverordnungen !). Sie schließen daher
die in der Gewerbeordnung oder in Landesgesetzen begründeten Er-
mächtigungen zum Erlasse gewerbe- oder sicherheitspolizeilicher Ver-
ordnungen in keiner Beziehung aus. Zur Vermeidung widersprechen-
der Anordnungen oder überflüssiger und schädlicher Häufung von
Sicherheitsvorschriften soll den beteiligten obersten Verwal-
tungsbehörden vor Feststellung derselben Gelegenheit gegeben
werden, sich zu äußern ($ 865). Der Genossenschaftsvorstand hat die
genehmigten Vorschriften den höheren Verwaltungsbehörden, deren
Bezirke beteiligt sind, mitzuteilen und andererseits werden Anord-
nungen der Landesbehörden zur Verhütung von Betriebsunfällen und
Anordnungen, welche Polizeibehörden auf Grund der Gewerbeordnung
8 120d trefien, der beteiligten Genossenschaft mitgeteilt (85 871, 872).
Die Uebertretung der Unfallverhütungsvorschriften hat daher auch
nicht ein gerichtliches Verfahren und die Verhängung einer
Polizeistrafe zur Folge. Vielmehr begründen die Vorschriften über
die von den Mitgliedern zu treffenden Betriebseinrichtungen ledig-
lich Verpflichtungen der Mitglieder gegen die Genossenschaft und die
Verletzung derselben begründet das Recht des Genossenschaftsvor-
standes, die Zuwiderhandelnden mit Geldstrafen bis zu eintausend
Mark zu bedrohen ?). Die Festsetzung erfolgt durch den Vorstand;
gegen dieselbe ist binnen zwei Wochen nach der Zustellung die Be-
schwerde an das ÖOberversicherungsamt (Beschlußausschuß) zulässig
($ 870). Außerdem kann die Außerachtlassung der Vorschriften als
Vorsatz oder Fahrlässigkeit erscheinen. Ist wegen derselben der Be-
triebsunternehmer durch strafgerichtliches Erkenntnis ver-
urteilt worden ?), so haftet derselbe den Gemeinden, Armenverbänden
1) Zustimmmend Seydel, Bayer. Staatsrecht Bd. 3, S. 198; Rosin ], S. 809,
Note 16. Anderer Ansicht Piloty IIL, S. 746 und G. Meyer $ 186, Note 72. —
Preger, im Archiv für öffentl. Recht Bd. 7, S. 414 wendet den Begriff der „auto-
nomen Strafverhängungsgewalt“ auf diese Vorschriften an; die Befugnis, sie zu er-
lassen, beruht aber lediglich auf gesetzlicher Delegation.
2) Bei Bauarbeiten von Nichtmitgliedern der Genossenschaft kann nur eine Geld-
strafe bis zu 100 Mark angedroht werden ($ 891 Abs. 2).
3) Vgl. Strafgesetzbuch 88 222, 230.