Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

8 72. Die Konsulate. 29 
Art bewirken; insbesondere auf Requisition deutscher Gerichte 
Klagen behändigen und Vorladungen insinuieren. Durch das schrift- 
liche Zeugnis des Konsuls über die erfolgte Zustellung wird diese 
nachgewiesen !). 
B) Die Konsuln sind befugt, Verklarungen aufzunehmen 
und in Fällen der großen Haverei auf Antrag des Schiffsführers die 
Dispache aufzumachen ?.. Ferner können sie in dem, im $ 12 des 
Reichsgesetzes vom 22. Juni 1899 vorgesehenen Falle interimistische 
Schiffszertifikate (Flaggenzeugnisse) erteilen, und wenn die Vor- 
aussetzungen des $ 26, Abs. 2 desselben Gesetzes vorliegen, auch das 
Schiffsregister für Binnenschiffe führen °). 
y) Der Reichskanzler kann Bundeskonsuln die Ermächtigung er- 
teilen zur Abhörung von Zeugen und zurAbnahmevon 
Eiden. Die von diesen Konsuln aufgenommenen Verhandlungen 
stehen den Verhandlungen der zuständigen inländischen Behörden 
gleich *).. Die Ermächtigung wird den Konsuln persönlich erteilt; sie 
ist für die rechtliche Wirksamkeit der vom Konsul aufgenommenen 
Verhandlungen eine wesentliche Voraussetzung’). 
1) Konsulatsgesetz $ 19. Zivilprozeßordnung $ 199, 202, Abs. 2. Ueber das zu 
befolgende Verfahren siehe v. König S.329 ff. Besondere Vorschriften für die Kon- 
sulargerichtsbezirke enthält das Gesetz vom 7. April 1900, 8 28 (Reichsgesetzbl. S. 219). 
2) Konsulatsgesetz 8 36. Im Bundesgebiete muß die Verklarung bei dem zu- 
ständigen Gerichte aufgenommen werden (Handelsgesetzb. $ 524), die Dispache wird 
durch die dazu ein für allemal obrigkeitlich bestellten oder in deren Ermangelung 
durch die vom Gericht besonders ernannten Personen (Dispacheure) aufgemacht (Han- 
delsgesetzb. 8 729). Die Befugnis der Konsuln ist anerkannt in den Verträgen mit 
Italien Art. 17, Spanien Art. 17, Vereinigte Staaten Art. 15, Rußland 
Art. 13, Costa Rica Art.33, Griechenland Art.13, Ha wai Art. 24, falls nicht 
Angehörige des eigenen Staates oder eines dritten Staates an der Havariegrosse be- 
teiligt sind. v. König S. 571fg. 
3) Vgl. hierzu die kaiserl. Verordnung vom 1. März 1900 (Reichsgesetzbl. S. 41) 
und die Bekanntmachung des Reichskanzlers vom 11. April 1900 (Zentralbl. S. 270). 
Diese Funktion ist übertragen worden den Konsularämtern in Galatz, Kanton, Schang- 
hai, Hankau und Tientsin. 
4) Konsulatsgesetz $ 20. Nach der Instruktion zu diesem Paragraphen be- 
zieht sich derselbe nur auf Handlungen der Gerichtsbarkeit und die 
Tätigkeit der Konsuln kann nur auf Ersuchen inländischer Behörden 
stattfinden. — Durch das Reichsgesetz vom 27. Juli 1877, 815 (Reichsge- 
setzbl. S. 552) sind die Konsulate jetzt auch verpflichtet, bei Seeunfällen zur 
vorläufigen Feststellung des Tatbestandes Beweiserhebungen vorzunehmen, welche 
keinen Aufschub dulden. Ferner liegt den Konsulaten als Seemannsämtern die Unter- 
suchung von Betriebsunfällen ob, durch welche der reichsgesetzlichen Unfall- 
versicherung unterliegende Personen getötet oder erheblich verletzt worden sind. 
Reichsversicherungsordn. 8 1754, 1763, Ziff. 2. 
5) Es ist nicht gesetzlich vorgeschrieben, daß die Ermächtigung einem Konsul 
generell erteilt werden muß; sie kann auch auf einen einzelnen Fall beschränkt 
sein. Die näheren Vorschriften über das von den Justizbehörden einzuhaltende Ver- 
fahren, wenn sie eine solche spezielle Ermächtigung eines Konsuls zur Abnahme 
eines Eides oder zur eidlichen Vernehmung eines Zeugen herbeiführen wollen, sind 
enthalten in den Verfügungen des preußischen Justizministers vom 20. November
	        
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