Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Dritter Band. (3)

$ 82. Arbeiterversorgung. Angestelltenversicherung. 353 
setzung der Versicherung berechtigt ist, wer aus einer versicherungs- 
pflichtigen Beschäftigung ausscheidet und mindestens 6 Beitragsmonate 
auf Grund der Versicherungspflicht zurückgelegt hat. Wenn er 120 
Beitragsmonate zurückgelegt hat, so kann er sich die bis dahin er- 
worbene Anwartschaft durch Zahlung einer Anerkennungsgebühr von 
jährlich 3 Mark erhalten (88 15, 172). 
3. Die Beiträge sind nicht wie bei der Arbeiterversicherung 
nach Wochen, sondern nach Monaten bestimmt. Sie werden von 
den Arbeitgebern und den Versicherten zu gleichen Teilen für jeden 
Kalendermonat, in welchem eine versicherungspflichtige Beschäftigung 
stattgefunden, sowie für Krankheitszeiten, in denen die Versicherten 
das Gehalt fortbezogen haben, entrichtet ($ 170). Die Versicherten 
werden nach der Höhe ihres Jahresarbeitsverdienstes in 9 Gehalts- 
klassen (von 550 bis 5000 Mark) eingeteilt ($ 16), denen die Höhe der 
Monatsbeiträge entspricht, welche bis auf weiteres von 1,60 Mark bis 
26,60 Mark abgestuft sind ($ 172). Der monatliche Beitrag ist für alle 
Versicherten derselben Gehaltsklasse gleich hoch ohne Rücksicht auf 
Alter, Gesundheit, Gefahr usw. Er istnach dem »Prämiendurchschnitts- 
verfahren« zu bemessen, d.h. nach einer, nach versicherungstechnischen 
und handelsrechtlichen Grundsätzen aufzustellenden Bilanz sind die 
Erträge des Vermögens und die zu erwartenden Beiträge der Gesamt- 
summe der voraussichtlich zu machenden Leistungen gegenüberzu- 
stellen. Die Reichsversicherungsanstalt hat in fünfjährigen Zeitab- 
schnitten, erstmalig für den 31. Dezember 1919, eine solche Bilanz auf- 
zustellen; den für die Erträgnisse der Kapitalien zu berechnenden Zinsfuß 
bestimmt der Bundesrat. Ergibt die Bilanz einen Fehlbetrag, so sind 
die Beiträge entsprechend zu erhöhen, es ist dazu aber ein Gesetz er- 
forderlich; ergibt sich ein Ueberschuß, so können in gleicher Weise 
die künftigen Leistungen erhöht werden (8$ 173—175). 
Die Arbeitgeber haben den Beitrag für sich und den Versicherten 
zu entrichten und können die auf den Versicherten entfallende Hälfte 
bei der Gehaltszahlung abziehen. Die für jeden Monat fälligen Be- 
träge sind spätestens bis zum 15. des nächsten Monats den Beitrags- 
stellen ') portofrei einzuzahlen. Die Arbeitgeber erhalten dafür als 
Quittung Marken, welche die Bezeichnung der Gehaltsklasse und des 
Geldwerts enthalten. Die Arbeitgeber haben die empfangenen Marken 
sofort in die Versicherungskarte des Angestellten einzukleben und zu 
entwerten (85 177—200)?). Im Falle der freiwilligen Fortsetzung der 
1) Beitragsstellen werden nach Bedarf von der Reichsversicherungsanstalt ein- 
gerichtet; event. fungieren als solche die von der obersten Verwaltungsbehörde be- 
zeichneten Stellen oder die Postanstalten. Die Beitragsstellen erhalten eine vom 
Bundesrat nach Anhören der Reichsversicherungsanstalt festgesetzte Vergütung. 
8 186. Vgl. auch $ 196. 
2) Der Bundesrat hat nach Anhören der Reichsversicherungsanstalt nähere An- 
ordnungen über die Karten zu erlassen. $ 191. Diese Anordnungen sind am 29. Juni 
1912 im Reichsgesetzbl. S. 406 bekannt gemacht worden.
	        
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