356 8 82. Arbeiterversorgung. Angestelltenversicherung.
so getrennt, wie eine juristische Person des Privatrechts, abgesehen
von den zahlreichen Befugnissen des Bundesrats hinsichtlich ihrer
Verwaltung innerhalb der reichsgesetzlichen Regeln. Die Stellung der
Reichsanstalt hat einige Aehnlichkeit mit der der Reichsbank.
Die Verwaltung der Anstalt wird von dem Direktorium ge-
führt, welches die Anstalt gerichtlich und außergerichtlich vertritt'). Es
besteht aus einem Präsidenten und der erforderlichen Anzahl von be-
amteten Mitgliedern sowie aus je zwei Vertretern der versicherten An-
gestellten und ihrer Arbeitgeber; es faßt seine Beschlüsse in der Regel
nach Stimmenmehrheit. Es steht unter der Aufsicht des Reichskanzlers.
Der Präsident und die beamteten Mitglieder des Direktoriums, sowie
die höheren etatsmäßigen Beamten werden auf den Vorschlag des
Bundesrats vom Kaiser auf Lebenszeit ernannt; sie haben die Rechte
und Pflichten der Reichsbeamten; ihre Besoldungen, Pensionen und son-
stigen Dienstbezüge sowie die Pensionen und Unterstützungen für ihre
Hinterbliebenen trägt die Anstalt. Der Etat für das Direktorium wird
durch den Reichshaushalt, für die übrigen im 8 101 des Gesetzes
bezeichneten Beamten vom Bundesrat auf den Antrag des Reichs-
kanzlers jährlich festgesetzt. Die nichtbeamteten Mitglieder des Direk-
toriums wählt der Verwaltungsrat auf sechs Jahre; die übrigen Be-
amten werden vom Direktorium ernannt.
Dem Direktorium zur Seite steht der Verwaltungsrat. Er hat
das Direktorium bei Vorbereitung wichtiger Beschlüsse gutachtlich
zu beraten und über die Festsetzung des Voranschlages, die Abnahme
des Rechnungsabschlusses und die Bilanzen zu beschließen (8 108). Er
besteht aus dem Präsidenten des Direktoriums oder seinem Stellver-
treter als Vorsitzenden und mindestens je 12 Vertretern der versicher-
ten Angestellten und ihrer Arbeitgeber; der Reichskanzler kann die
Zahl der Mitglieder nach Bedarf erhöhen ($ 108, 109). Ueber die
Wahl siehe 88 111 ff.
Rentenausschüsse werden nach Bedarf von der Reichsver-
sicherungsanstalt mit Genehmigung des Bundesrats errichtet; jeder
Rentenausschuß besteht aus einem ständigen Vorsitzenden (Obmann),
mindestens einem Stellvertreter und aus Beisitzern. Der Reichskanz-
ler ernennt den Vorsitzenden und dessen Stellvertreter nach Anhören
der obersten Verwaltungsbehörde, für deren Bezirk der Rentenaus-
schuß gebildet wird; die Beisitzer werden je zur Hälfte aus den ver-
sicherten Angestellten und aus ihren Arbeitgebern entnommen; sie
verwalten ihr Amt unentgeltlich als Ehrenamt (88 129—140). Dem
Rentenausschuß liegt ob: die Feststellung und Anweisung von Ruhe-
geld, Rente und Abfindung, sowie die Entziehung von Rente und Ruhe-
geld, Anträge auf Einleitung eines Heilverfahrens entgegenzunehmen
und nach Feststellung des Sachverhalts zu begutachten und in Ange-
1) Geschäftsordn. für das Direktorium vom 20. April 1913. Zentralbl. S. 488.