$ 84. Die ordentliche streitige Gerichtsbarkeit. 377
sächlich in der definitiven Feststellung des Gesetzentwurfs, die Sank-
tion dagegen entzieht sich fast der Wahrnehmung; bei den Staats-
verträgen besteht dasselbe Verhältnis hinsichtlich der Herstellung des
völkerrechtlichen Vertrags und der staatlichen Vollziehbarkeitserklärung.
So ist auch bei der Erledigung bürgerlicher Rechtsstreitigkeiten die
Feststellung des konkreten Rechis allein von praktischer Wichtig-
keit; daß der urleilsmäßig anerkannte Rechtsanspruch unter den Schutz
des Staates genommen und eventuell mit den staatlichen Machtmitteln
durchgeführt wird, versteht sich von selbst und braucht nicht beson-
ders erklärt zu werden.
Der wahre staatsrechtliche Charakter des rechtskrättigen Urteils
wird klar, wenn man den Schiedsspruch und seine Wirkungen mit
ihm in Vergleich stellt. In der Civilprozeßordnung $ 1040 heißt es
zwar: »Der Schiedsspruch hat unter den Parteien die Wirkungen eines
rechtskräftigen gerichtlichen Urteils«; dies wird aber sofort durch die
folgenden Bestimmungen in der bündigsten Weise widerlegt, indem in
8 1041 aus bestimmten Gründen die Klage auf Aufhebung des Schieds-
spruches zugelassen ist, und nach $& 1042 aus dem Schiedsspruche die
Zwangsvollstreckung nur stattfindet, wenn ihre Zulässigkeit durch
ein Vollstreckungsurteil ausgesprochen ist. Dem Schieds-
spruch fehlt also gerade die für das rechiskräftige Urteil charakteristische
Wirkung; er leitet seine Kraft aus dem Schiedsvertrag der Parteien
ab und er wirkt daher nach Art des Vertrages; das gerichtliche
Urteil leitet seine Kraft aus dem Herrschaftsrecht des Staates ab und
wirkt daher nach Art des Befehles. Der Schiedsspruch schließt
prozessualisch ebenso wie das Anerkenntnis die richterliche Prüfung
und Beurteilung des Rechtsanspruches aus, aber er stellt dem Be-
rechtigten nicht die Zwangsgewalt des Staates zur Durchführung dieses
Anspruchs zur Verfügung; hierzu bedarf es eines gerichtlichen
Urteils’).
b) Aufdem Gebiete des öffentlichen Rechts ist die
Bedeutung der Gerichtsbarkeit eine andere; sie ist hier nur die Form,
in welcher staatliche Herrschaftsrechte durchgeführt werden. Es gilt
dies insbesondere von der uns hier vorzugsweise interessierenden
Strafgerichtsbarkeit. Der Staat hat die selbständige Verpflich-
tung, gegen den Bruch der Rechtsordnung mittelst seiner Strafgewalt
zu reagieren; er stellt nicht seine Macht einem Individuum zum Schutz
seiner Rechte zur Verfügung, sondern er übt diese Machtim eigenen
Interesse, zur Aufrechterhaltung und Wiederherstellung seiner eigenen
Rechtsordnung aus. : Es handelt sich also nicht um zwei voneinander
begrifflich verschiedene Rechtsbeziehungen wie im Zivilprozeß (Privat-
rechtsverhältnis und staatliche Rechtshilfe), sondern um eine einheit-
1) Vgl. Wach I,S. 75 fg. Ein Schiedsvertrag ist daher auch nicht imstande
„die Zulässigkeit des Rechtsweges“ auszuschließen. Entsch. des Reichsgerichts in
Zivils. Bd. 8, S. 348 ff.; Bd. 10, S. 365 fg.