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Landgerichte in der geeignetsten Weise treffen kann, ohne hierbei durch
die besondere Rücksicht auf die Bildung der Schwurgerichte bei jedem
Landgericht beengt zu werden«. Wenn die Landesjustizverwaltung von
dieser Befugnis Gebrauch macht, so hat das Landgericht'), bei welchem
die Sitzungen des Schwurgerichts abgehalten werden, und der Präsi-
dent desselben die ihnen in den 85 82-98 des Gerichtsverfassungs-
gesetzes zugewiesenen Geschäfte fürden ganzen Schwurgerichtsbezirk
wahrzunehmen, und die Mitglieder des Schwurgerichts (mit Einschluß
des Stellvertreters des Vorsitzenden) können aus der Zahl der Mit-
glieder aller im Schwurgerichtsbezirk belegenen Landgerichte genom-
nıen werden ?).
Die Berufung der Geschworenen erfolgt nach den im Gerichts-
verfassungsgesetz 88 85 ff. und in der Strafprozeßordnung 88 278 ff. gege-
benen Vorschriften (siehe unten $ 91).
f) Eine Frage, welche für alle bei den Landgerichten zu erledigen-
den richterlichen Geschäfte und für alle bei ihnen zu bildenden Spruch-
behörden gleichmäßig zu entscheiden ist, betrifft die Zulässigkeit der
Zuziehung von Hilfsrichtern. Im allgemeinen gilt auch für die
Landgerichte die im $ 10 des Gerichtsverfassungsgesetzes aufge-
stellte Regel, daß »die landesgesetzlichen Bestimmungen über
die Befähigung zur zeitweiligen Wahrnehmung richterlicher Ge-
schäfte unberührt bleiben«. Insbesondere gilt dies auch für diejenigen
landesgesetzlichen Bestimmungen, nach welchen richterliche Geschäfte
nur von ständig — d. h. nach 8 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes
lebenslänglich — angestellten Richtern wahrgenommen werden
können).
Aber auch diejenigen landesgesetzlichen Vorschriften, welche die
zeitweilige Wahrnehmung einer Richterstelle oder die zeitweilige Ver-
tretung eines Richters durch eine zum Richteramt nicht befähigte
Person zulassen, sind »unberührt« geblieben, da eine im Entwurf der
Justizkommission enthaltene, dies ausdrücklich verbietende Bestim-
mung aus dem 8 69 des Gerichtsverfassungsgesetzes gestrichen
worden ist, sonach also eine Ausnahme von der Regel des $ 10 für die
Landgerichte nicht gemacht worden ist‘).
Die Ernennung von Hilfsrichtern darf aber seitens der Justiz-
verwaltung nur auf den Antrag des Präsidiums (nicht des Präsidenten)
erfolgen °?. Wird zum Hilfsrichter ein bereits ständig angestellter Rich-
ter verwendet, so kommen hinsichtlich der Vertretung die landesgesetz-
DD.h. die Strafkammer desselben. 2) A.a. 0.5 9.
3) $ 69, Abs. 3. 4) Anderer Ansicht Keller zu $ 69, Anm. 3.
5) 8 69, Abs. 1a. a. O. In dem Antrage ist, wie sich von selbst versteht, das
Bedürfnis nachzuweisen, und zwar muß dasselbe so geartet sein, daß ihm einerseits
nicht durch die ständig ernannten Mitglieder des Landgerichts gemäß S 62 und $ 66
a. a. OÖ. abgeholfen werden kann, und daß es andererseits nicht als ein dauerndes
anzusehen ist, welches eine Erhöhung der Anzahl der ständigen Mitglieder des Ge-
richts notwendig macht.