& 90. Die Rechtsanwaltschaft. 457
Oberlandesgerichts abhängig gemacht '). Hierbei ist nicht das Interesse
des Antragstellers, sondern dasjenige der Rechtspflege ausschlaggebend
und daher das Gutachten darauf zu richten, ob die Zulassung dem
Interesse der Rechtspflege förderlich sei. Der freien Entschließung der
Landesjustizverwaltung ist es jedoch anheimgegeben, Rechtsanwälte,
welche an einem Landgericht zugelassen sind, dessen Bezirk einem ge-
meinschaftlichen Öberlandesgericht unterstellt ist, bei dem letz-
teren zuzulassen, auch wenn dasselbe an einem anderen Orte seinen
Sitz hat?).. Wer in einem Staate zur Zulassung berechtigt ist, hat unter
sämtlichen Gerichten dieses Staates die freie Auswahl; nur wenn an
einem Gerichte ein Richter angestellt ist, welcher mit dem Antragsteller
verwandt oder verschwägert ist, kann die Zulassung an diesem Gerichte
versagt werden’). Dagegen ist die Landesjustizverwaltung nicht be-
fugt, die Zahl der Rechtsanwaltsstellen bei den einzelnen Gerichten
des Landes zu fixieren (sog. numerus clausus) oder den Antrag auf
Zulassung wegen mangelnden Bedürfnisses zurückzuweisen‘. Dem-
gemäß kann ein Rechtsanwalt auch nach freiem Belieben das Gericht, bei
dem er zugelassen ist, mit einem anderen Gericht desselben Staates
vertauschen und dort die Zulassung begehren, welche ihm nur versagt
werden kann, wenn gegen ihn eine Klage im ehrengerichtlichen Ver-
fahren erhoben ist oder gegen ihn innerhalb der letzten zwei Jahre
im ehrengerichtlichen Verfahren auf Verweis oder auf Geldstrafe von
mehr als 150 Mark erkannt worden ist’). Unter diesen Beschränkun-
gen ist daher die Freizügigkeit der Rechtsanwälte anerkannt.
Die Zulassung beidem Reichsgericht erfolgt durch das »Prä-
sidium des Reichsgerichts« ‘), welches nach freiem Ermessen entschei-
det’). Die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft bei dem Reichsgericht
ist mit der Zulassung bei einem anderen Gericht unvereinbar‘).
5. Nach der ersten Zulassung wird der Rechtsanwalt in öffent-
licher Sitzung des Gerichts auf die gewissenhafte Erfüllung seiner
Pflichten vereidigt‘’) Bei jedem Gericht ist eine Liste der bei dem-
selben zugelassenen und vereidigten Rechtsanwälte zu führen; erst
mit der Eintragung beginnt die Befugnis zur Ausübung der
Rechtsanwaltschaft '%). Stirbt der Rechtsanwalt oder gibt er die Zulas-
sung auf oder wird dieselbe zurückgenommen (siehe unten) oder ver-
liert er durch Urteil die Fähigkeit zur Ausübung der Rechtsanwalt-
schaft, so ist die Eintragung in der Liste zu löschen '!). Eintragungen
1) Rechtsanwaltsordnung 83 9, 10, 12.
2) Rechtsanwaltsordnung $ 11. 3) Rechtsanwaltsordnung S 14.
4) Rechtsanwaltsordnung s 13.
5) Rechtsanwaltsordnung $ 15. 6) Siehe oben S. 439.
7) Rechtsanwaltsordnung $ 90. Nur kann es niemanden zulassen, dem die Be-
fähigung zum Richteramt mangelt oder ein gesetzlicher Ausschließungsgrund (8 5)
entgegensteht.
8) Rechtsanwaltsordnung $ 100, Abs. 1. 9) Rechtsanwaltsordnung $& 17.
10) Rechtsanwaltsordnung $ 20. 11) Rechtsanwaltsordnung 8 24.