Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 139 
satzbehörden entlassenen Mannschaften, und die vor erfüllter aktiver 
Dienstpflicht zur Disposition der Truppenteile beurlaubten Mannschaften. 
Vgl. Mililärges. 8$ 34, 54, 56. 
Dagegen erstreckt sich das Auswanderungsverbot nicht auf die 
Mannschaften der Reserve und Landwehr !). 
d) Mannschaften des Beurlaubtenstandes, nachdem sie eine Ein- 
berufung zum aktiven Dienste erhalten haben. 
e) Beamten und Offizieren, mit Einschluß derer des Beurlaubten- 
standes, bevor sie aus dem Dienste entlassen sind’). 
Aus anderen als den angeführten Gründen darf in Friedenszeiten 
die Entlassung nicht versagt werden; für die Zeit eines Krieges oder 
einer Kriegsgefahr bleibt dem Kaiser der Erlaß besonderer Anord- 
nungen vorbehalten ?). 
6. Ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem 
Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der 
Flotte zu entziehen, ohne Erlaubnis das Bundesgebiet 
verläßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb 
des Bundesgebietes aufhält, wird mit Geldstrafe von 150 bis zu 3000 
Mark oder mit Gefängnis von einem Monat bis zu einem Jahr bestraft. 
Der Versuch ist strafbar. Die Beschlagnahme des Vermögens des An- 
geschuldigten zur Deckung von Geldstrafe und Kosten ist statthaft *). 
Für den Tatbestand des Deliktes ist es unerheblich, ob der Heeres- 
pflichtige eine fremde Staatsangehörigkeit erworben hat oder nicht. 
Kehrt er in das Bundesgebiet zurück, so kann er zur Strafe gezogen 
werden, wofern die Strafverfolgung noch nicht verjährt ist’). Von 
1) Reichsverfassung Art. 59, Abs.2. Wehrgesetz 8 15, Abs.3. Reichsgesetz vom 
11. Februar 1888, $ 4, Ziff. 3. 
2) Für Beamte und Offiziere ist die Dienstentlassung erforderlich, weil ihr mili- 
tärisches Dienstverhältnis nicht ausschließlich auf der gesetzlichen Wehrpflicht beruht. 
3) Reichsgesetz vom 22. Juli 1913, 8 22, Abs. 2. 
4) Strafgesetzbuch $ 140, Ziff. 1. Diese Bestimmung ist nur anwendbar auf solche 
Personen, welche noch nicht zum Soldatenstande gehören. BRekruten, die bereits 
ausgehoben, oder Freiwillige, die von einem Truppenteil bereits angenommen sind, 
verüben, wenn sie sich dem Dienste durch Entfernung aus dem Bundesgebiet ent- 
ziehen, das Delikt der Fahnenflucht und sind nach Maßgabe des Militärstraf- 
gesetzbuchs zu bestrafen. Vgl. auch Einführungsgesetz zur Militärstrafgerichtsord- 
nung, Art. 2, 
5) Die Frage, wann die Verjährungsfrist beginnt, ist nicht ohne Schwierig- 
keit. Es sind hier verschiedene Fälle zu unterscheiden. Das Verbrechen kann nicht 
länger verübt, d. h. fortgesetzt werden, als die Dienstpflicht dauert. Verliert der 
Auswanderer also die Reichsangehörigkeit, so beginnt mit diesem Moment die 
Verjährung; bleibt er aber reichsangehörig, so beginnt die Verjährung erst mit dem 
Aufhören der Dienstpflicht. Als dieser Zeitpunkt kann aber nicht der 
1. Januar des Jahres, in dem der Wehrpflichtige sein 27. Lebensjahr vollendet, wegen 
8 6 des Wehrgesetzes angenommen werden, wie dies die herrschende Ansicht ist — 
vgl. v. Martitz in Hirths Annalen 1875, S. 1154 und die daselbst Note 3 angeführ- 
ten Kriminalisten; denn dieses Gesetz sagt nicht, daß die Verpflichtung zum Dienst 
im stehenden Heere in allen Fällen mit diesem Zeitpunkt endet, auch dann, wenn
	        
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