142 $ 106. Die gesetzliche Wehrpflicht.
Wehrpflicht untauglich macht«'). Zum Tatbestande ist nicht erforder-
lich, daß die Handlung die gänzliche Untauglichkeit zum Militär-
dienst herbeiführt; die Strafe ist auch dann verwirkt, wenn der Wehr-
pflichtige zum Waffendienst untauglich gemacht wird, zu anderen mili-
tärischen Diensten dagegen verwendbar bleibt?).
b) »Wer in der Absicht, sich der Erfüllung der Wehrpflicht
ganz oder teilweise zu entziehen, auf Täuschung berechnete
Mittel anwendet, wird mit Gefängnis bestraft; auch kann auf Ver-
lust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Straf-
vorschrift findet auf den Teilnehmer Anwendung«°). Dieses Delikt
kann nur einer Behörde gegenüber verübt werden, welche über
die Erfüllung der Wehrpflicht des einzelnen eine Entscheidung zu
treffen hat; diese Behörde braucht aber nicht gerade eine Ersatzkom-
mission oder Oberersatzkommission zu sein; sondern es kann jede
Zivil- oder Militärbehörde sein, welche behufs Durchführung der Wehr-
pflicht in irgendeinem Stadium vom Beginn bis zum Erlöschen der-
selben eine amtliche Tätigkeit zu entfalten hat, also insbesondere auch
die mit der Aufstellung der Listen betrauten Gemeindebehörden, die
Landwehrbezirkskommandos usw. Zum Tatbestande ist ferner nicht
erforderlich die’ Vorspiegelung eines körperlichen oder geistigen Man-
gels, um die Behörden über die Tauglichkeit der Wehrpflichtigen
zu täuschen, sondern es kann auch verübt werden durch Machinatio-
nen, um die über die Erfüllung der Wehrpflicht entscheidenden Be-
hörden hinsichtlich der Reichsangehörigkeit des Wehrpflichtigen, über
seine rechtliche Fähigkeit zum Eintritt in das Heer oder zum Ver-
bleiben in demselben, über sein Lebensalter, über das Vorhandensein
von Befreiungsgründen usw. irrezuführen ‘).
8. Zur Verhütung der unerlaubten Auswanderung ist die Beförde-
rung sowie der Abschluß von Verträgen über die Beförderung zum
Zweck der Auswanderung verboten hinsichtlich von Wehrpflichtigen
im Alter vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 25. Lebensjahre,
bevor sie eine Entlassungsurkunde oder ein Zeugnis der Ersatzkom-
mission darüber beigebracht haben, daß ihrer Auswanderung aus dem
Grunde der Wehrpflicht kein Hindernis im Wege steht?).
1) Strafgesetzbuch $ 142. Wird das Delikt von Personen des Soldatenstandes
oder von Mannschaften des Beurlaubtenstandes verübt, so finden die Anordnungen
des Militärstrafgesetzbuchs 8 81 und 82 Anwendung. Vgl. Militärgesetz $ 60, Ziff. 3.
Zustimmend Hecker, Militärstrafrecht S. 179. Anderer Ansicht Olshausen,
Note 6 zu $ 142.
2) Dies ist indes nicht unbestritten. Vgl. Olshausen, Note 1 zu 8 142.
3) Strafgesetzbuch $ 143. Vgl. Militärstrafgesetzbuch $ 83.
4) Vgl. Olshausen, Note 2 und 3 zu $ 143.
5) Reichsgesetz vom 9. Juni 1897 (Reichsgesetzbl. S. 463), $ 23. Die Fassung
steht mit dem jetzigen Staatsangehörigkeitsgesetz nicht mehr ganz im Einklang.