Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 153 
Militärpflichtige können zurückgestellt werden wegen zeitiger Un- 
tauglichkeit !), wegen zeitiger Unwürdigkeit ?), in Berücksichtigung bür- 
gerlicher Verhältnisse?) und als Ueberzählige ®). 
3. Definitive Entscheidungen. Dieselben können einen 
fünffachen Inhalt haben, nämlich 
a) Ausschließung. Die Verurteilung zur Zuchthausstrafe hat 
die dauernde Unfähigkeit zum Dienste in dem deutschen Heere und 
der kaiserlichen Marine zur Folge). Ebenso sind diejenigen Militär- 
pflichtigen vom Dienste auszuschließen, welche noch in ihrem fünften 
Militärpflichtjahre wegen einer gegen sie schwebenden Untersuchung 
oder wegen einer gegen sie verhängten Strafe nicht eingestellt werden 
können®). Auch die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte be- 
wirkt die Unfähigkeit, während der im Urteile bestimmten Zeit in das 
Heer oder die Marine einzutreten’). Wenn Militärpflichtige jedoch 
vor Ablauf ihrer aktiven Dienstzeit wieder in den Besitz der Ehren- 
rechte gelangen würden, so kann ihre Einstellung — ihre körperliche 
Tauglichkeit vorausgesetzt — in eine Arbeiterabteilung unter Anrech- 
nung auf die Dienstzeit erfolgen®).. Bei Wiedererlangung der Ehren- 
rechte werden sie zur Ableistung des Restes der Dienstzeit einem 
Truppenteile überwiesen ?). 
b) Ausmusterung. Militärpflichtige, welche wegen körperlicher 
und geistiger Gebrechen dauernd untauglich befunden werden, sind 
vom Militärdienst und von jeder weiteren Gestellung vor die Ersatz- 
behörden zu befreien !°). Dies findet nur auf solche Militärpflichtige 
1) Militärgesetz $ 17, Abs. 1; Wehrordnung $ 31; Heerordnung $ 8. Die zum 
Dienst mit der Waffe erforderliche Körpergröße wird durch Kaiserl. Verordnung be- 
stimmt. Militärgesetz $ 17, Abs. 3; sie ist in der Heerordnung $ 5 festgestellt. Für 
den Dienst ohne Waffe ist ein geringstes Körpermaß nicht festgestellt. Wehrordnung 
831, Ziff. 2. Die Tauglichkeit für die einzelnen Marineteile ist in der Marineordnung 
8 5 normiert. 
2) Militärgesetz $ 18; Wehrordnung $ 30. 
3) Militärgesetz $ 19 u. 20; Wehrordnung $ 32 u. 33; ferner $ 64, Zifi.5. Die 
Zurückstellung wird von den Ersatzbehörden auf Antrag der Militärpflichtigen oder 
deren Angehörigen auf Grund spezieller Prüfung der Umstände verfügt. Einen ge- 
setzlichen Anspruch auf Zurückstellung haben Seeleute, welche auf einem deutschen 
Handelsschiffe nach vorschriftsmäßiger Anmusterung tatsächlich in Dienst getreten 
sind; ferner Seeleute, welche eine deutsche Navigationsschule oder Schiffsbauschule 
besuchen. Wehrgesetz vom 9. November 1867, $ 13, Ziff. 5. 
4) Militärgesetz $ 13, Abs. 4; Wehrordnung $ 34. Im Falle des Bedarfs kann 
auf diese Militärpflichtigen während der Dauer der Nachersatzgestellungen zurück- 
gegriffen werden; bis zu dem auf ihr drittes Militärjahr folgenden 1. Februar muß 
über ihre Dienstpflicht endgültig entschieden sein. 
5) Strafgesetzbuch $ 31, Abs. 1. 
6) Wehrordnung 8 37, Ziff. 2. 
7) Strafgesetzbuch $ 34. 
8) Militärgesetz $ 18. 
9) Ueber die Wirkung ausländischer Straferkenntnisse vgl. Strafgesetzbuch 8 37. 
10) Militärgesetz 8 15; Wehrgesetz $ 1, Abs. 2.
	        
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