Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 159 
unabhängig von der materiellen Entscheidung über die Beschwerde 
selbst — ein Vergehen, das an Personen des Soldatenstandes, welche 
im aktiven Dienst sich befinden, gerichtlich, an solchen Personen, die 
dem Beurlaubtenstand angehören, gerichtlich oder disziplinarisch ge- 
ahndet wird!). Auch die Erhebung unbegründeter, leichtfertiger oder 
wider besseres Wissen auf unwahre Behauptungen gestützter Beschwer- 
den bildet den Tatbestand eines besonderen militärischen Deliktes?). 
Gegen die Entscheidung auf die Beschwerde ist das Rechtsmittel der 
weiteren Beschwerde gestattet °). 
Auch die Anreizung einer Person des Soldatenstandes zur Ver- 
letzung der militärischen Gehorsamspflicht ist unter Strafe gestellt. 
Wird das Vergehen von einer im aktiven Dienst stehenden Militär- 
person verübt, so wird es nach dem Militärstrafgesetzbuch 8 99 ff. be- 
urteilt; in allen anderen Fällen findet $ 112 des Reichsstrafgesetzbuchs 
Anwendung. 
Endlich ist es den militärischen Vorgesetzten anheimgestellt, sich 
im Notfalle selbst Gehorsam zu erzwingen. »Diejenigen Handlungen, 
welche der Vorgesetzte begeht, um den tatsächlichen Angriff der 
Untergebenen abzuwehren oder um seinen Befehlen im Fall der 
äußersten Not und dringendsten Gefahr Gehorsam zu 
verschaffen, sind nicht als Mißbrauch der Dienstgewalt anzusehen« °). 
Namentlich kann ein Offizier in Ermangelung anderer Mittel, um 
den durchaus notwendigen Gehorsam zu erhalten, gegen den tatsäch- 
lich sich ihm widersetzenden Untergebenen von der Waffe Gebrauch 
machen ’). \ 
b) Die militärische Treuverpflichtung. 
Auch diese Verpflichtung ist eine Verstärkung oder Potenzierung 
der Treupflicht des Untertanen. Die letztere ist nur nach ihrer nega- 
tiven Seite rechtlich von Belang, d.h. der Untertan muß jede gegen 
das Wohl des Staates und seines Oberhauptes gerichtete Handlung 
unterlassen; die Verletzung dieser Unterlassungspflicht wird als Hoch- 
verrat oder Landesverrat geahndet‘). In dieser Beziehung stehen die 
Personen des Soldatenstandes den übrigen Staatsuntertanen völlig 
gleich. »Auf eine Person des Soldatenstandes, welche sich eines Hoch- 
verrates oder eines Landesverrates schuldig macht, finden die Vor- 
schriften des Deutschen Strafgesetzbuchs ($ 80—95) Anwendung«’). 
ren Vorschriften außer Kraft gesetzt worden. Max Ernst Mayer, Das Diszipli- 
nar- und Beschwerderecht für Heer und Marine. Leipzig 1910. 
1) Militärstrafgesetzbuch $ 152, Abs. 2. Disziplinarstrafordnung 8 27. Vgl. dazu 
Heckera.a. 0.S. 28fg. M.E. Mayera.a.O0. 
2) Militärstrafgesetzbuch $ 152. Vorschriften vom 14. Juni 1894, I, Ziff. 6. 
3) Verordnung vom 14. Juni 1894, II, Ziff. 6, 7. 
4) Militärstrafgesetzbuch $ 124, Abs. 1. 
5) Ebendaselbst Abs. 2. Während der erste Absatz ganz allgemein von Vorge- 
setzten spricht, erwähnt der zweite Absatz nur den Offizier. 
6) Vgl. Bd. 1, S. 143. 7) Militärstrafgesetzbuch $ 56.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.