Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

8 106. Die gesetzliche Wehrpflicht. 175 
selben werden nach Maßgabe des Bedarfs zu den Fahnen des stehen- 
den Heeres einberufen ; ebenso die Seewehrmannschaften zur Flotte). 
Sodann können die Mannschaften des jüngsten Jahrganges der 
Landwehrinfanterie bei Mobilmachungen erforderlichenfalls auch in 
Ersatztruppenteile des stehenden Heeres eingestellt werden ?2). Endlich 
können im Kriege die zu den Landwehrregimentern einberufenen 
Mannsehaften auch in Truppenkörpern der Linie zur Verwendung ge- 
langen ?), und ein Uebertritt vom stehenden Heere (Reserve) zur Land- 
wehr findet während der Dauer einer Mobilmachung nicht statt‘). 
d) Personen des Beurlaubtenstandes, welche ein geistliches Amt 
in einer mit Korporationsrechten innerhalb des Bundesgebiets bestehen- 
den Religionsgesellschaft bekleiden, werden zum Dienst mit der Waffe 
nicht herangezogen, sondern im Falle des Bedürfnisses im Dienst der 
Krankenpflege und Seelsorge verwendet’). 
e) Die Reserve- und Landwehrmannschaften erhalten, sobald sie 
bei Mobilmachungen oder notwendigen Verstärkungen des Heeres ein- 
berufen werden, nicht nur wie alle im aktiven Militärdienst befind- 
lichen Wehrpflichtigen die reglementsmäßige Beköstigung, Verpflegung, 
Löhnung usw., sondern im Falle der Bedürftigkeit auch für ihre Fa- 
milien eine Unterstützung, welche durch das Reichsgesetz vom. 28. Fe- 
bruar 1888 (Reichsgesetzbl. S. 59) normiert ist. Die Unterstützung liegt 
den nach dem Kriegsleistungsgesetz gebildeten Lieferungsverbänden ob, 
welchen dafür Entschädigung aus Reichsfonds geleistet wird. Durch 
das Reichsgesetz vom 10. Mai 1892 (Reichsgesetzbl. S. 661) ist auch den 
Familien der zu Friedensübungen einberufenen Mannschaften 
der Reserve, Landwehr oder Seewehr ein Anspruch auf Unterstützun- 
gen gewährt worden. siehe 8 111, Ziff. VII. 
VI Die Ersatzreservepflicht. 
1. Begriff. Durch das Reichsgesetz vom 11. Februar 1888 ist 
die Ersatzreservepflicht neugestaltet worden. Nach dem bis dahin in 
Geltung gewesenen Recht zerfiel die Ersatzreserve in zwei Klassen, 
welche sich dadurch von einander unterschieden, daß aus der ersten 
die regelmäßige Ergänzung des Heeres bei Mobilmachungen, 
namentlich die Mannschaft zur Bildung von Ersatztruppenteilen, ent- 
nommen wurde, die zweite Klasse dagegen eine Art von Reservefonds 
an wehrpflichtiger Mannschaft bildete, auf welchen nur bei ausbrechen- 
dem Kriege und auch alsdann nur im Falle eines außerordent- 
1) Wehrgesetz 8 5, Abs. 5. 2) Wehrgesetz $ 5, Abs. 3. 
3) Vgl. den Kommissionsbericht des Reichstages zu $5, Abs. 3 des Wehrgesetzes 
(Drucksachen 1867, Nr. 96), sowie den Kommissionsbericht zum Landsturmgesetz 
(Drucksachen U, Session 1874, Nr. 70, S. 91g.). 
4) Wehrgesetz $ 14. Wehrordnung 8 19. 
5) Militärgesetz 8 65, Abs. 2. Gesetz vom 11. Februar 1888, Art. Il, SS 11, 20. 
Wehrordnung 8 118, Ziff. 5.
	        
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