Full text: Das Staatsrecht des Deutschen Reiches. Vierter Band. (4)

192 8 107. Die freiwillig übernommene Militärdienstpflicht. 
die Spitze: »Einen Anspruch auf Offizierstellen sollen von nun anin 
Friedenszeiten nur Kenntnisse und Bildung gewähren, 
inKriegszeiten ausgezeichnete Tapferkeit und Ueberblick. 
Aus der ganzen Nation können daher alle Individuen, die diese Eigen- 
schaften besitzen, auf die höchsten Ehrenstellen im Militär An- 
spruch machen. Aller bisher statigehabte Vorzug des Standes hört 
beim Militär ganz auf und jeder ohne Rücksicht auf seine Herkunft 
hat gleiche Pflichten und gleiche Rechte.« Sie erkennt ferner als Vor- 
stufe für die Offizierstellung den Dienst als Portepeefähnrich 
an und sanktioniert den Grundsatz, daß, »wenn eine vakante Offizier- 
stelle besetzt werden soll, dieselbe durch Wahl des Offizier- 
korps aus der Zahl der Portepeefähnriche dem Könige zur Wieder- 
besetzung in Vorschlag gebracht wird, daß im Kriege aber die Wahl 
sich aber auch auf alle Unteroffiziere und Gemeine erstreckt und ein 
jeder durch ausgezeichnete tapfere Tat zum Offizier erwählt werden 
kann, ohne vorher Portepeefähnrich gewesen zu sein, wenn er dabei 
von guter Führung und die tapfere Tat mehr als eine gewöhnliche 
ist«e. Den Offizieren wird zur Pflicht gemacht, sich um die Ausbil- 
dung ihrer Untergebenen zu bekümmern und insbesondere »die Porte- 
peefähnriche zwar mit Ernst zu ihrer Pflicht anzuhalten, aber doch 
alles anzuwenden, um sie durch freundschaftliche Aufmunterungen 
und Anleitungen auszubilden und sie ihres künftigen Postens würdig 
zu machen«. Diese Grundsätze sind in der preußischen Armee seit- 
dem maßgebend geblieben und auf die übrigen Kontingente ausgedehnt 
worden. Eine reichsgesetzliche Regelung der Qualifikation zum Offi- 
ziersdienst und zur Ergänzung der Offizierskorps ist nicht erfolgt. Für 
die Offiziere des preußischen Heeres sind die jetzt geltenden Vor- 
schriften enthalten in der Kabinettsordre vom 11. März 1880'), welche 
in den anderen Kontingenten durch übereinstimmende Anordnungen 
eingeführt worden ist. Außer den allgemeinen gesetzlichen Erforder- 
nissen zum Eintritt in das Heer wird eine gewisse Vorbildung und 
die Ablegung der Offiziersprüfung erfordert, die Ernennung zum Offi- 
zier kann aber dem Kontingentsherrn nur vorgeschlagen werden, 
„nachdem das Offizierkorps des betreffenden Truppenteils in seinem 
eigenen, dem Vorschlage beizufügenden Protokoll erklärt hat, daß es 
den Vorzuschlagenden für würdig erachtet, in seine Mitte zu treten, 
und nachdem in einem besonderen Atteste bezeugt ist, daß derselbe 
die einem Offizier nötige praktische Dienstkenntnis besitzt« ?). 
Auszeichnung vor dem Feinde befreit von dem Examen zum 
Portepeefähnrich und fortgesetztes ausgezeichnetes Benehmen im Kriege 
auch von dem zum Offizier?). 
Auf denselben Grundprinzipien beruhen auch die Vorschriften über 
1) Sie beruht im wesentlichen auf der preuß. Verordnung vom 31. Oktober 1861. 
2) Verordnung vom 11. März 1880, $ 9. Siehe dazu Lehmann S. 620. 
3) Verordnung vom 11. März 1880, S 19.
	        
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